Sonntag, 29. Juni 2014

Ein nicht ganz vegetarisches Dessert



Als ehemaliger Vegetarier bevorzuge ich es, wenn ein Dessert nicht tierisch ist (ausser in Kombination mit „tierisch gut“ natürlich). Naja, üblicherweise werden Nachspeisen wohl nicht nur in der Schweiz, sondern in allen Ländern ohne Tier auf dem Teller angeboten. Bildet Schweden da etwa eine Ausnahme?

Auf einer wunderschönen Velotour über die Insel Aspö (dahin gelangt nur, wer mutig genug ist, die mittlerweile doch schon in die Jahre gekommene Fähre zu nehmen, gut schwimmen kann oder selber ein Boot besitzt) ist mir ein hübsches kleines Café aufgefallen. Direkt am Meer gelegen, geführt von einem älteren, sehr herzlichen Ehepaar, wirkte es mehr als nur einladend, und etwas Bequemeres als den Velosattel unter meinem Derriere zu haben sprach ebenfalls nicht gegen einen Café-Stopp.
Unter den vielen Bäumen im Garten standen in typischer Schweden-Art verschieden farbige Holzstühle und –bänke, alles mit Sicht aufs Meer, sogar ein Veloabstellplatz war vorhanden. 

Der Blick auf die Speisekarte hingegen war dann im ersten Moment doch eher erstaunlich: Våfflar med vanilj glass och jordBÄR!! Ein Bär zum Dessär? Reimt sich zwar, aber da hat ja höchstens eine Pfote auf dem Teller Platz, und sowieso, wie soll ich einen ganzen Bären verspeisen? Und dann soll er auch noch hausgemacht sein? Vielleicht ein Bio-Bär? Die umgekehrte Vorstellung, also ich im Bauch des Bären, fällt mir deutlich einfacher, auch wenn ich mir das nicht so genau vorstellen möchte, Bärenattacken sind ja bekanntlich schmerzhaft. 

Wagemutig habe ich mich aber trotzdem vor den alten Mann hingestellt und ihm meine Bestellung abgegeben, zwei Bären bitte und einen Birnensaft. Eine knappe Viertelstunde später näherte sich, leichtfüssig serviert von einer natürlich blonden Schwedin, tatsächlich ein Tablett unserem Tisch. OHNE Bär!! Bei genauerem Hinsehen hatte die Waffel zwar eine bärenpfoten-ähnliche Form (vielleicht waren es auch vier Herzen, hm, gut möglich), aber obendrauf lachten mich zwei Kugeln Vanille-Eis an. Weit und breit war nichts von einem Bären zu sehen. Was war da falsch? 

Nach der Konsultation des Wörterbuchs stellte sich heraus, dass der Bär ein Erdbär-, äh, Erdbeer ist und unglaublich gut schmeckt. Jordbär heisst also Erdbeere und ist hier an jeder Ecke zu kaufen. Erstaunlicherweise schmecken diese nordischen Bären deutlich viel besser als unsere Schweizer Erdbeeren, den Grund dafür habe ich noch nicht herausgefunden, womit das nächste Gesprächsthema mit Madelen, der einzigartigen Vermieterin dieses Hauses, auch bereits feststeht (es mangelt uns zwar nie an Themen).

Ihr Hund, ganz im Gegensatz zum missverständlichen Jordbär, ist tatsächlich ein Bär: Riesengross, schwarz, und knurrt ganz fürchterlich, wenn ihm jemand nicht in den Kram passt. Der Bär heisst Sassa und ihre Hauptbeschäftigung als Hunde-Teenie ist herumzutollen. Was bei den vielen Kilos eher lustig anzusehen ist, solange sie einen nicht einfach niedermäht. So geschehen bei einer gemütlichen Gesprächsrunde, stehend, im Garten. Sassa schleicht sich an, steht unauffällig vor mich hin, wedelt kurz mit dem Schwanz und lässt sich dann ohne Vorwarnung auf meine Füsse plumpsen. Nun wiegt sie ungefähr gleich viel wie ich, und da sie leider nicht direkt auf meine Füsse fiel, sondern ins Schienbein, katapultierte sie mich mit ihrem Manöver rückwärts aus der friedlichen Runde hinein in den Garten. Ihre schönen braunen Augen konnten nicht ganz von ihrem schelmischen Grinsen ablenken.


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