Heute in einer Woche geht’s wieder los, mit Koffern bestückt
werde ich mich einmal mehr zum Flughafen schleppen. Diesmal nicht Richtung
Südhalbkugel und Familie, sondern mitten in den grossen Kanton, genauer gesagt
Berlin. Der Koffer wird um einiges schwerer sein als für meine Brasilienreise,
damals packte ich lediglich einige leichte T-Shirts und Sommerröcke. Für Berlin
braucht es wohl nicht nur Daunenjacke und Mütze, sondern gestrickte Unterhosen
und gefütterte Jeans. Sollte also jemand ein Pirelli-Männchen in Berlin
erspähen, das wäre dann ich.
Für ganze fünf Wochen verlege ich nun also meinen Wohnsitz
zu den Deutschen, mit denen einige Schweizer ein nicht mehr ganz entspanntes
Verhältnis haben. Ich bin sehr gespannt, wie ich mich in Deutschland fühlen
werde, als Minderheit mitten unter Berlinern, nicht zu vergessen Touristen und
Klein-Istanbul. Da ich davon ausgehe, dass es so zurückkommt, wie man in den
Wald ruft, bin ich überzeugt davon, dass ich mich wohlfühlen werde. Nicht die
Menschen werden die Herausforderung sein, sondern die Tatsache, dass ich ein
ambivalentes (man könnte auch sagen schlechtes) Verhältnis zu Grossstädten
habe. Aber es gibt einen Lichtblick:
Mit Hilfe meines guten Freunds google weiss ich nämlich mittlerweile,
dass es rund um meine Wohnung unzählige kleine Restaurants gibt, mit Küchen aus
aller Welt. Darauf freue ich mich sehr, ich werde mich wohl Meter für Meter
Richtung Stadtzentrum futtern, ob dafür die fünf Wochen reichen? Zumal das
Essen nicht der Hauptgrund für meinen Aufenthalt ist, sondern eine
Weiterbildung. Auf diese sollte ich mich konzentrieren, nicht darauf, wo die
gemütlichsten Cafés, die schönsten Parks oder die speziellsten Restaurants
sind. Aber schliesslich gehört Lebensfreude zu meinem täglichen Brot, und
Lernen löst bei mir nicht unbedingt Lebensfreude aus, im Gegensatz zu gutem
Essen und neuen Eindrücken.
Als kultureller Tiefflieger weiss ich jetzt schon, dass ich keinen Museums-Marathon mache, auch plane ich keinen Trip zu sämtlichen Sehenswürdigkeiten, von denen es in Berlin ja nicht wenige zu sehen gibt. Nachdem ich diese kulturelle Anti-Planung in meinem Freundeskreis habe verlauten lassen, wurde ich mit entsetzten Blicken (und Ausrufen) überhäuft. „Aber doch nicht in Berlin!“ oder „Da musst du unbedingt ins Museum X, und zum Tor Y, und zur Mauer Z, und ins KaDeWe, undundund!“. Nein, muss ich nicht. Einigen dieser Dinosaurier werde ich automatisch über den Weg laufen, andere interessieren mich nicht, und vielleicht packt mich unerwarteterweise doch die Lust auf Kultur, wer weiss? Ich lasse mich überraschen.
Auf alle Fälle freue ich mich jetzt schon auf das Abenteuer
bei unseren Nachbarn, auf die vielen neuen Begegnungen, die kulturelle
Essensvielfalt, die vielen Irrwege, die ich dank meiner Orientierungslosigkeit machen
werde und tatsächlich freue ich mich sogar auf meine Weiterbildung. Bis bald
aus dem grossen Kanton! (Der nächste Blog entsteht aber sicher noch im weissen
Kreuz mit roter Umgebung.)
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