Sonntag, 17. August 2014

Zurück in die Realität


Ich muss den harten Tatsachen definitiv ins Auge blicken, nun gibt es keinen Ausweg mehr (Augen geschlossen halten nützt auch nichts, musste ich leider feststellen). Seit gestern bin ich wieder Zuhause, ein Zuhause, das in den vergangenen zwei Monaten von Hausbesetzern beschlagnahmt wurde. Sollte das Gerücht tatsächlich wahr sein, dass ein Haus gesund ist, wenn sich viele Spinnen gemütlich niederlassen, dann überbordet dieses Haus vor lauter Gesundheit.  Grosse Spinnen, kleine Spinnen, Babyspinnen, Zimmermänner, Kreuzspinnen, Spinnen mit dicken Beinen, schnelle Spinnen, langsame Spinnen, und auch ein paar tote Spinnen (vermutlich alles Spinnenmänner, die nach dem Zeugungsakt getötet wurden, ein etwas irritierendes Verhalten, finde ich).

Vor der ersten Wäscheaktion musste also erst mal der Gang zur Waschmaschine spinnenfrei gemacht werden. Dann hängen sie in diversen Variationen auch noch von der Wohnzimmerdecke, im Bad vergnügen sie sich in der Wanne, aber was ich gar nicht mag sind jene Viecher, die exakt über dem Kopfkissen an der Decke wohnen. Wüsste ich mit Sicherheit, dass sie da oben bleiben, wäre ihre Wahl des Wohnquartiers in Ordnung, aber da ich weiss, dass sie sich in Windeseile meterweit abseilen können, während ich nichts ahnend, im schlimmsten Fall sogar mit offenem Mund, friedlich schlafe… diese Vorstellung behagt mir seltsamerweise nur mittelmässig. 
Ich weiss auch, dass der Mensch in seinem Leben durchschnittlich 75 Insekten im Schlaf verspeist, aber diese Zahl möchte ich nicht freiwillig übertreffen, nur weil ich Mitleid habe und die Spinne nicht ins Freie befördern will.

Welche Lösung bietet sich an? Ich könnte nachts einen tropischen Insektenschutz über meinen Kopf stülpen, das würde die Anzahl zu verspeisender Insekten gegen Null minimieren, trägt aber höchstwahrscheinlich nicht zu einem angenehmen Schlafklima bei. 


Oder ich könnte die Spinne vor dem Schlafengehen (also bevor ICH schlafen gehe, nicht sie) nach Draussen bringen, aber dazu müsste ich SUVA-unkonform aufs Bett steigen, würde dann noch immer nicht bis zur Decke reichen, müsste einen Stuhl auf die Matratze stellen, würde dann zwar die Decke erreichen, mir aber sicher vorher schon das Genick brechen, also keine gangbare Option.

Ich kann mich aber einfach auch mit dem Gedanken trösten, dass eiweisshaltige, unverarbeitete Nahrung sehr gesund ist, und ich ernähre mich grundsätzlich lieber gesund als ungesund. Bleibt noch die Hoffnung, dass das Tier, wenn es sich dann schon zielgenau durch meine linke Zahnlücke in Richtung Halszäpfchen abseilt, nicht zu sehr strampelt und mich dadurch zum Niesen bringt. Wenn es sich schon in meine Nahrungskette schleichen möchte, dann soll es dies schön ruhig und idealerweise unbemerkt tun. 

Nun werde ich trotz gesunder Ernährung kurz nach oben gehen, einen drohenden Blick in jede Zimmerecke werfen (zwei in jene Ecke, die sich oberhalb meines Kopfkissens befindet), zähneknirschend den Wecker auf eine Unzeit stellen und mich psychologisch auf den vollen Pendlerzug in Richtung Zürich einzustellen versuchen.

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