Freitag, 30. Oktober 2015

Ich liebe Holz - wirklich?



Die nun endlich auf Deutsch übersetzte Website eines Arbeitskollegen von mir hat mich inspiriert, einen Blogtext zum Thema Holz zu schreiben. Natürlich liebe ich Holz in jeder Form, nicht nur, solange es noch als Baum irgendwo in der Natur steht. Moment mal, wirklich in JEDER Form? Nein!

Sowohl im Sommer wie auch im Winter verursacht mir ein wohl genetisch bedingter Defekt (ich bin eine Ansammlung von Defekten, ich weiss, Thema Orientierungs-Unsinn, Körpertemperatur-Nichtausgleich, etc.) Hühnerhaut. Und nein, das ist auch im Sommer eine unangenehme Art des Frierens. Im Winter sowieso.

Voller Freude stehe ich mitten im Hochsommer vor dem Glacé-Regal, nach einem Pralinato gelüstet es mich. Doch was muss ich mit Schrecken feststellen? Die gibt’s neu nur noch Holz-Stiel! Holz, um Himmels Willen, das geht ja gar nicht! Das waren doch die einzigen Glacés, die es noch mit dem guten alten Plastik-Stiel gab, ist das jetzt wirklich mein Glacéamstiel-Schleck-Ende? Wenn ich nur daran denke, dass da ein Holzstiel in der Verpackung ist, friert mich (auch jetzt während des Schreibens), eine dicke Hühnerhaut von Kopf bis Fuss, die Haare stellen sich auf (also nicht auf dem Kopf, nur an den Armen, das reicht schliesslich), es schüttelt mich geradezu beim Gedanken, dass ich das Ding berühren könnte.

Schluss also mit Pralinato für mich (lautes Geheul im Hintergrund). Eine machbare Lösung ist immer, dass mein Mann mir die Glacé vom Stiel entfernt und in einen Teller schaufelt, nur geht dann irgendwie doch der Glacé-Schleck-Effekt verloren.

Im Winter stehe ich jedoch vor einem viel grösseren, weil nicht beeinflussbaren, Problem: Die Raclette-Schäufelchen aus Holz. Die herzigen, traditionellen, nützlichen Dinger haben genau dieselbe Wirkung auf mich wie der Glacé-Holzstiel. Man stelle sich nun vor, ich bin bei Freunden (das geht ja noch, schlimmer sind entfernte Bekannte, bei denen ich mich benehmen muss) zum Raclette eingeladen, der Bauch knurrt, der Tisch ist gedeckt, der Käse geschnitten, die Beilagen bereit. 

Wir setzen uns, der Ofen schmilzt die erste Käse-Portion, sie wäre JETZT perfekt, genau sämig geschmolzen, noch nicht angeschmort, noch leicht knackig. Aber dann, oh Schreck! Da steht das Holz-Schäufelchen meinem kulinarischen Glück im Weg, und zwar mitten drin. Was nun? Ein verzweifelter Blick zu meinem Mann, es gibt nur zwei Alternativen (nebst dem Vortäuschen einer plötzlichen Käseallergie).

Entweder schaufelt er mir meinen Käse in meinen Teller, was bei den Gastgebern garantiert Fragen zu meinen motorischen Fähigkeiten aufwirft, oder ich nehme die Serviette und wickle damit den Griff des Holz-Schäufelchens ein, damit ich mir den Käse selber in den Teller bugsieren kann.
Beides weder elegant noch unauffällig, geschweige denn salonfähig. Bei uns zuhause gibt es selbstverständlich Kunststoff-Raclette-Schäufelchen. Ebenfalls gelöst ist das Problem, wenn wir eine gute Ausrede haben, um den Ofen mit allem was dazugehört zu den Gastgebern mitzubringen (klappt nur die ersten zwei Jahre nach Erhalt eines neues Raclette-Ofens, der dringend endlich mal eingeweiht werden muss. Hier ist jedoch Vorsicht angebracht: Diese Ausrede kann pro Raclette-Einladung nur einmal verwendet werden, sonst wird es peinlich).
 
Ein ähnliches Thema sind die Holzkellen in der Küche. Wenn sie schon häufig gebraucht und somit etwas poliert sind, geht es mit einiger Überwindung nicht schlecht. Neue hingegen kann ich nur mit Küchentuch-umwickeltem Stiel benutzen, was Brandgefahr bedeutet und das Kochen etwas angespannt macht.

Danke, Marco, dass du mein Leiden zumindest betreffend Glacé-Holzstiel teilst. 99,9% der Umwelt schaut mich höchst schräg an, wenn ich zu erklären versuche, warum ich sehr wohl Glacé esse, aber mich auf Cornets oder Glacétöpfchen beschränken muss.

Montag, 26. Oktober 2015

Herbst!!!!

Herbst ist neben Winter, Frühling und Sommer meine Lieblings-Jahreszeit. Nicht weil ich unten grau – oben blau sehr schätze (insbesondere nicht dann, wenn ich im Grau sein muss), sondern wegen der schönen intensiven Farben. Und natürlich wegen der Temperaturen. Vergangenes Wochenende beispielsweise war schlicht perfekt: Samstag bot sich an für Gartenarbeit, an der Sonne war es angenehm warm, die heruntergefallenen Blätter waren einigermassen trocken und einfach aufzusammeln, die Finger froren nicht ein (nun gut, Thermo-Bauhandschuhe sei Dank). Die Windstille erlaubte es sogar, abends draussen zu essen, schön warmgehalten vom grossen Feuer.
Und JA, wir sind wohl die einzigen Bewohner im Dorf,
die noch immer draussen essen... etwas verrückt muss sein.
Sonntag dann zeigte sich noch königlicher, nicht nur weil die Gartenarbeit vollbracht war und ein freier Tag rief. Nach dem Frühstück zogen wir los, eine Rekognoszierungstour auf den Tanzboden war angesagt, wo wir ende Dezember einen runden Geburtstag feiern werden. Die letzten Details wollten wir persönlich besprechen und die wunderbare Aussicht noch einmal bei Tageslicht geniessen. Am Geburtstag selber wird es dunkel sein, mit Glück beleuchtet vom Vollmond und bei Neuschnee, wer weiss? Ich stehe schon mal in Kontakt mit Frau Holle und dem Klare-Nacht-Chef.

Oben angekommen erwartete uns die Panorama-Sicht
und das wie immer sympathische Hüttenpersonal, wobei das Wort "Personal" eigentlich falsch ist. Wir stürzten uns halb verdurstend auf das grosse Rivella und danach ins Gespräch mit der Hütten-Chefin. Beim Thema Fondue kam unweigerlich die Wein-Frage auf. Rot oder weiss? Natürlich traditionsgemäss Weiss, keine Frage. Aber welcher der fünf Weine? Zwei davon schlossen wir von Beginn weg aus, was die Chefin jedoch nicht kommentarlos akzeptierte. Wir bissen also in den sauren Apfel (resp. in die saure Traube) und degustierten trotz vorgängigem Ausschluss, damit wir sie mit gutem Gewissen von der Liste streichen konnten.
Da blieben also noch immer die übrigen drei. Aus dem Wallis mussten sie sein, also reduzierte sich die Liste auf zwei Optionen. Auch diese mussten wir wieder probetrinken, und obwohl es mich so kurz nach dem Frühstück überhaupt rein gar nicht nach Weisswein gelüstete, lohnte sich die Degustation. (Ich weiss jetzt, dass ich grundsätzlich nicht einfach ausschliessen darf, nur weil ich seit Jahren eine Aversion sagen wir mal gegen Federweissen habe. Manchmal muss ich offensichtlich zum Glück gezwungen werden.)


Zurück auf der heimischen Terrasse reichten die zwei verbleibenden Sonnenstunden gerade noch für das Studium der Sonntagslektüre, natürlich im Liegestuhl, den wir in weiser Voraussicht noch nicht eingewintert haben. Was will man mehr?

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Kommunikationsnormen

Meist bin ich mir nicht bewusst, wie stark unsere tägliche Kommunikation genormt ist. In jeden zweiten Satz fliessen irgendwelche (im Prinzip unnötige) Floskeln ein, ganz unbewusst und im natürlichen Gesprächsverlauf. Unser Gegenüber reagiert darauf genau gleich genormt.

Beispiele gefällig? Situation: In der Marktgasse Winterthur bei einer zufälligen, unerwarteten Begegnung: "Hallo, wie geht’s?" Auf diese Frage erwartet selbstverständlich niemand eine ausführliche Antwort oder gar ein "Schlecht, danke" (um Himmels Willen, bloss nicht, wie sollen wir denn DAMIT umgehen?!!). Oder das allseits beliebte Satzendwort "oder". Situation: Ich lästere über einen mühsamen Mitmenschen, der mich geärgert hat: "Das isch doch eifach nöd zum Glaube, oder?" Hier erwarte ich auf keinen Fall eine Zweitmeinung meines Gegenübers (die im schlimmsten Fall sogar noch vernünftige Argumente enthält), sondern habe das typisch schweizerische (die Deutschen tun das nämlich nicht) "oder" einfach angehängt. 

Versucht mal eure "oders" pro Tag zu zählen, ihr werdet erstens über die Menge staunen und zweitens bei der Zählung erst noch nur einen kleinen Teil berücksichtigen, weil wir meist gar nicht merken, wenn wir "oder" sagen. Wenn ihr dann auch noch versucht bei euren Mitmenschen zu zählen, dann wird’s bald schwierig mit eins, zwei, viele…

Letztens auf dem Weg an eine Sitzung musste ich allerdings feststellen, dass es Menschen gibt, die sich dieser gesellschaftlichen Kommunikationsnormung nicht bewusst sind, was ziemlich irritierend sein kann. Situation: Ich stehe, nach genauer Tagesplanung eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn auf dem SBB-Perron und warte auf den Zug Richtung Sitzungsort. Mein Mobile klingelt (es zwitschert natürlich nicht in voller Lautstärke "Alle Vögel sind schon da", sondern vibriert unauffällig), am andern Ende ist mein Auftraggeber: "Hallo Manu, wo bist du?" Ich, mit der normalen, leicht panischen Reaktion auf eine solche Frage kurz vor Sitzungsbeginn: "Wir haben doch erst um vier abgemacht, ODER?" – Er: "Das war aber gar nicht meine Frage…" – Ich, leicht verwirrt: "Mein Zug kommt um viertel vor an." – Er: "Gut, dann treffen wir uns etwas früher, tschüss." Ich, nun sehr verwirrt: "……" – Er: aufgelegt. Übliche Rückmeldungen meinerseits wie "Jojo, isch logisch" auf eine Feststellung seinerseits rufen sofort eine Konterfrage hervor. "Warum?", "Sicher?" oder "Warum sagst du jetzt logisch?" Mittlerweile beschränke ich mich auf Schweigen, "Ja" oder "Nein" und verzichte auf sämtliche Füllwörter und Floskeln, die ich sonst in Gesprächen häufig verwende.


Er ist übrigens nicht der Einzige, der so kommuniziert, ich hatte schon Begegnungen, die ganz ähnlich vonstatten gingen. Ich frage mich dann jeweils, ob nicht ich diejenige bin, die zu viele leere Worte verwendet und somit sehr ineffizient kommuniziert… es fällt einfach immer erst dann auf, wenn das Gegenüber tatsächlich jedes Wort wahrnimmt und erst noch nicht als Worthülse abtut, sondern als ernsthafter Bestandteil des Gesprächs darauf reagiert. Nach einigen Feldtests in meinem näheren Umfeld stellte ich jedoch fest, dass es wohl doch nicht an meiner Art der Kommunikation liegt.

Freitag, 16. Oktober 2015

Neue Berufsgattung



Meine Freundin hat letzthin eine neue Berufsgattung erfunden, einfach so, mitten im Gespräch. Nach einem gemütlichen Essen begleitet von einem Glas Wein (welches vermutlich nicht ganz unschuldig war an der Neuerfindung) landete sie wie immer in unserem bequemsten Sessel, streckte alle Viere von sich und seufzte zufrieden auf.

Während wir vor uns hin plauderten machte sich mein Mann parat für den Ausgang, kam noch einmal kurz zu uns zwecks Verabschiedung. Er drehte uns schon den Rücken zu, als meine Freundin etwas vor sich hin murmelte. „Wie bitte was?“ Ein blitzschnelles Wendemanöver seinerseits, suppentellergrosse Augen und ein äusserst ungläubliger Blick liessen sie das Germurmelte noch einmal wiederholen, diesmal mit einem breiten Lachen im Gesicht: „Möchtest du kein Harem?“

Da klappte selbst mir der Kiefer herunter, und wäre ich nicht schon auf dem Teppich gesessen, hätte es wohl Kollateralschaden (für meinen Kiefer, nicht für den Zahnarzt, das wäre dann wohl ein Kollateralgewinn…) gegeben. Ihre lapidare Erklärung zum Vorschlag: „Bei euch ist es einfach so gemütlich, ich bekomme immer warmes Essen, guten Wein und im Idealfall Dessert inklusive Alter Birne, zudem ist der Sessel superbequem.“

Ist ja logisch, dass hierauf der Harem-Vorschlag folgen musste, nicht wahr? Mein Mann zog leicht verdattert von dannen, während wir laut losprusteten beim Gedanken, wie er diese Geschichte seinen Kollegen erzählen würde, wäre wohl filmreif.

Gestern nun war sie wieder bei uns, mein Mann und ich hatten den Harem-Vorschlag schon längst vergessen, als sie plötzlich zwischen zwei Bissen warmen Essens (na, wer sagts denn) noch einmal fragte, ob sie denn nicht Harem-Dame werden könne. Natürlich mit besonderer Funktion, respektive eben lieber ohne besondere Funktion. Ihr schwebt eine (Nicht-)Betätigung vor, in der es in erster Linie um Essen, Trinken und gemütlich im Sessel sitzen geht.

Sie wäre also im Prinzip eine Freelance-Harem-Dame. Klingt gut, oder? Eine Rosinenpick-Harem-Dame wäre wohl die freie deutsche Übersetzung dazu. Ich melde mich gleich mit an, geht das überhaupt, wenn man schon verheiratet ist?

Die darauf folgende Unterhaltung enthalte ich den geneigten Lesern lieber vor, auf jeden Fall war sie begleitet von unzähligen Lachtränen. Und wie wir auf das Thema „haarige Beine“ kamen, weiss ich wirklich nicht mehr, ist aber vermutlich auch ziemlich irrelevant.

Samstag, 10. Oktober 2015

Arbeit vs. Ferienplanung



Eigentlich müsste ich ein Sponsoringkonzept erstellen, aber meine Gedanken schweifen ständig ab. Das liegt nicht etwa daran, dass mich der Auftrag langweilt (das Gegenteil ist der Fall) oder dass ich müde bin. Ich bin schlicht und ergreifend in Ferienplanungs-Stimmung. Und wenn mich diese einmal gepackt hat, lässt sie mich nicht so schnell wieder los.

Um mich selber psychisch zu überlisten, habe ich jetzt hinter mir auf dem Boden eine gefühlte 10 Quadratmeter grosse Spanien-/Portugalkarte ausgebreitet, über die ich nun jedes Mal, wenn ich einen Kaffee hole, stolpere. Und sie wird dort liegenbleiben bis mindestens Sonntagabend. 

Nun gut, in meinem Fall müsste ich mich ja eher von meiner Ferienplanungs-Stimmung ablenken, hin zu meinem Auftrag. Insgeheim hoffte ich aber, dass das Prozedere von Karte erst mal suchen (leider sind wir aber genau wenn es um Ferien geht so gut organisiert wie sonst nirgends, d.h. ich habe sie sofort gefunden), dann richtig in die Hand nehmen, ausbreiten, feststellen, dass sie nun eben doch auf der genau falschen Seite zu liegen kam, wieder vorsichtig umdrehen und noch einmal einen Blick auf das vollbrachte Werk werfen meine Feriengedanken genügend zufrieden stellt, so dass ich wieder ganz ruhig weiter arbeiten kann.
Weit gefehlt! Denn zwar starre ich jetzt auf den Bildschirm, weiss aber genau, dass HINTER mir auf dem Fussboden die groooosse verlockende Ferienkarte liegt, ich sie aber ignorieren muss, weil VOR mir Arbeit wartet. Jetzt sitzt mir also die Karte im Nacken, und es ist grausam schwierig ihr zu widerstehen, aber ich gebe nicht nach, mein Wille ist stark!!!
 
(1 Stunde später) Oder ich gebe doch auf… und knie mich auf den Boden, fahre mit dem Finger der geplanten Route nach, stelle mir die schönen Ferienhäuser vor, die Aussicht, die Wanderungen und Biketouren, das feine Essen, der gute Wein, Tapas, mal eine Stadt, dann wieder Ruhe in den Wäldern oder am Meer… und schon bin ich total entspannt, vergessen ist der Computer, der etwas beleidigt auf dem Tisch steht und wartet, bis ich mich wieder ihm zuwende.