Als ehemaliger
Vegetarier bevorzuge ich es, wenn ein Dessert nicht tierisch ist (ausser in
Kombination mit „tierisch gut“ natürlich). Naja, üblicherweise werden
Nachspeisen wohl nicht nur in der Schweiz, sondern in allen Ländern ohne Tier
auf dem Teller angeboten. Bildet Schweden da etwa eine Ausnahme?
Auf einer
wunderschönen Velotour über die Insel Aspö (dahin gelangt nur, wer mutig genug
ist, die mittlerweile doch schon in die Jahre gekommene Fähre zu nehmen, gut
schwimmen kann oder selber ein Boot besitzt) ist mir ein hübsches kleines Café
aufgefallen. Direkt am Meer gelegen, geführt von einem älteren, sehr herzlichen
Ehepaar, wirkte es mehr als nur einladend, und etwas Bequemeres als den
Velosattel unter meinem Derriere zu haben sprach ebenfalls nicht gegen einen
Café-Stopp.
Unter den vielen
Bäumen im Garten standen in typischer Schweden-Art verschieden farbige
Holzstühle und –bänke, alles mit Sicht aufs Meer, sogar ein Veloabstellplatz
war vorhanden.
Der Blick auf die Speisekarte hingegen war dann im ersten Moment
doch eher erstaunlich: Våfflar med vanilj glass och jordBÄR!! Ein Bär zum
Dessär? Reimt sich zwar, aber da hat ja höchstens eine Pfote auf dem Teller
Platz, und sowieso, wie soll ich einen ganzen Bären verspeisen? Und dann soll
er auch noch hausgemacht sein? Vielleicht ein Bio-Bär? Die umgekehrte
Vorstellung, also ich im Bauch des Bären, fällt mir deutlich einfacher, auch
wenn ich mir das nicht so genau vorstellen möchte, Bärenattacken sind ja
bekanntlich schmerzhaft.
Wagemutig habe ich
mich aber trotzdem vor den alten Mann hingestellt und ihm meine Bestellung
abgegeben, zwei Bären bitte und einen Birnensaft. Eine knappe Viertelstunde
später näherte sich, leichtfüssig serviert von einer natürlich blonden
Schwedin, tatsächlich ein Tablett unserem Tisch. OHNE Bär!! Bei genauerem
Hinsehen hatte die Waffel zwar eine bärenpfoten-ähnliche Form (vielleicht waren
es auch vier Herzen, hm, gut möglich), aber obendrauf lachten mich zwei Kugeln
Vanille-Eis an. Weit und breit war nichts von einem Bären zu sehen. Was war da
falsch?
Nach der Konsultation
des Wörterbuchs stellte sich heraus, dass der Bär ein Erdbär-, äh, Erdbeer ist
und unglaublich gut schmeckt. Jordbär heisst also Erdbeere und ist hier an
jeder Ecke zu kaufen. Erstaunlicherweise schmecken diese nordischen Bären
deutlich viel besser als unsere Schweizer Erdbeeren, den Grund dafür habe ich
noch nicht herausgefunden, womit das nächste Gesprächsthema mit Madelen, der
einzigartigen Vermieterin dieses Hauses, auch bereits feststeht (es mangelt uns
zwar nie an Themen).
Ihr Hund, ganz im
Gegensatz zum missverständlichen Jordbär, ist tatsächlich ein Bär: Riesengross,
schwarz, und knurrt ganz fürchterlich, wenn ihm jemand nicht in den Kram passt.
Der Bär heisst Sassa und ihre Hauptbeschäftigung als Hunde-Teenie ist
herumzutollen. Was bei den vielen Kilos eher lustig anzusehen ist, solange sie
einen nicht einfach niedermäht. So geschehen bei einer gemütlichen Gesprächsrunde,
stehend, im Garten. Sassa schleicht sich an, steht unauffällig vor mich hin,
wedelt kurz mit dem Schwanz und lässt sich dann ohne Vorwarnung auf meine Füsse
plumpsen. Nun wiegt sie ungefähr gleich viel wie ich, und da sie leider nicht
direkt auf meine Füsse fiel, sondern ins Schienbein, katapultierte sie mich mit
ihrem Manöver rückwärts aus der friedlichen Runde hinein in den Garten. Ihre
schönen braunen Augen konnten nicht ganz von ihrem schelmischen Grinsen
ablenken.