Wochenendwetter kann eine Herausforderung sein. Ich war zwei
Tage im Chancental (alias Rheintal), eingeladen von meinen Eltern. Die Idee war
ein gemütliches Abendessen im smäx in Altstätten, laut Aussage meiner Eltern ein sehr
lohnenswertes Verpflegungsziel. Im Wissen darum, dass es an solchen Abenden
immer mehr als genug zu essen und zu trinken gibt, war für den Nachmittag eine
Mountainbiketour auf den St. Anton geplant.
Meteo Schweiz hat konsequent warmes, trockenes Föhn-Wetter
gemeldet, Tag für Tag, bis am Freitagabend. Dann war auf einmal die Rede von
„Waschmaschinenwetter“, Gewittern, Föhneinbruch schon am Samstag statt wie
geplant erst am Sonntag. Nichtsdestotrotz war ich guten Mutes und startete,
nach Abwarten eines Starkregens, in Richtung Berge. Heiss und schwül war bloss
der Vorname der Witterung, und plötzlich war mir auch der Begriff
„Waschmaschinenwetter“ deutlich einleuchtender.
Je höher die Tour ging, desto dunkler wurden die Wolken, und
desto bedrohlicher war das Donnergrollen. In solchen Situationen gilt das Motto:
„Augen zu und durch.“ (Mein übliches Bike-Motto „Schleiken statt Biken“ hatte
ich dank einer Irrfahrt schon hinter mir). Trotzdem war kurz vor dem Ziel
Schluss, Hagelkörner pflasterten den Weg, riesige Regentropfen klatschten
schmerzhaft auf die Nase, notfallmässig einen Unterstand Suchen war angesagt.
Nach Verzehr einer Tafel Schokolade und immer noch ohne Aussicht auf eine blaue
Wolke fiel der Entscheid pro Umkehr.
Mittlerweile war alles durchnässt, die Strasse, die
Waldwege, die Wurzeln, wodurch die meisten interessanten Abfahrten infolge
Sturzgefahr
nicht mehr in Frage kamen. Schlitternd und leicht unsicher (in Ermangelung
von Scheibenwischern an den Brillengläsern) ging es an die Abfahrt, unter
mittelmässig amüsanten Bedingungen. Ohne Schutzblech (und diese sind ein
absolutes No-Go unter Bikern) fliegen einem die Regenwürmer ungebremst um die
Ohren, der Schlamm kleistert erst die Brille, dann die Nasenlöcher zu, und
während der nächsten zwei Tage knirscht der Dreck noch immer zwischen den
Zähnen. WIE saugfähig die Einlage einer Bikehose tatsächlich ist, wusste ich
bis dahin auch nicht, ich vermute jedoch, dass problemlos ein Hektoliter Wasser
darin gespeichert werden kann. Das macht die ganze Sache dann doch eher
unangenehm und füllt die Bikeschuhe schnell bis zum Rand, und zwar von oben,
nicht nur wegen der knietiefen Pfützen von unten.
Nach einer warmen Dusche und befreit von sämtlichen
Regenwürmern ging es mit knurrendem Magen Richtung Futternapf. Ein kleines
Lokal, vormals ein Spielsalon, erwartete uns, neu renoviert. Die
Inhaber haben eine Atmosphäre geschaffen, die einerseits die ganze Welt umarmt,
andererseits aber auch Raum lässt für Lokalkolorit. Ein ganz und gar
sympathischer, weltoffener, toleranter Eindruck, von A bis Z. Es lohnt sich
sogar, den Text auf der Speisekarte zu lesen. Dieser schläfert den Gast nicht wie üblich mit der Historie des Restaurants ein, sondern bringt ihn zum Schmunzeln, zum
Nachdenken oder gar beides, während gleichzeitig die Charakteristik der Gastgeber durchscheint.
Nachhaltigkeit und Produkte aus der Region haben sie sich
auf die Fahne geschrieben, jedoch ohne den hin und wieder anzutreffenden
aggressiv ökologisch-alternativen Touch, sondern aufgelockert mit
augenzwinkernden Sprüchen. Ich jedenfalls habe ihnen auf den ersten Blick
abgenommen, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Papiertiger ist, sondern gelebt
und gekocht wird. Mein Vater (den ich eher zu den Karnivoren zählen würde) hat sich sogar zu
folgender Aussage verleiten lassen: „Bei diesem guten Gemüse könnte ich glatt
zum Vegetarier werden!“ Was er natürlich dann doch nicht wurde.
Essen und Trinken im smäx ist kurz gefasst ein grosses Vergnügen,
die Bedienung authentisch, das Lokal sympathisch und modern, so dass ich grosse
Lust hätte, es nach Winterthur zu exportieren. Übrigens waren die
selbstgebackenen Nussgipfel (für mich eine eher seltsame Art von Dessert in
einem Restaurant, aber auf Empfehlung des charmanten Hausherrn trotzdem
bestellt) so gut, dass wir zwei weitere für den Sonntagmorgen gekauft haben.
Alles in allem trotz Hagel ein nicht verhageltes Wochenende, von dem ich neben einem nachhaltigen Restauranteindruck vor allem auch das unglaubliche Fassungsvermögen von
Bikehosen in Erinnerung behalten werde.
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