Freitag, 17. April 2015

Die Power des Point (oder die Kraft des Punkts)



Viele von uns kennen Powerpoint, und wohl alle von uns haben Powerpoint schon einmal gesehen, bewusst oder unbewusst. Das praktisch grenzenlos einsetzbare Tool wird ÜBERALL verwendet, sei es im Unterricht, an Sitzungen, an Vorträgen, auf Messen, an Hochzeiten und vermutlich demnächst auch für Scheidungen (hierfür könnte man schliesslich auch Feste anbieten, eine Scheidung ist ja zumindest für eine der beiden Parteien meist ein Grund zur Freude, und für die nicht so erfreute Partei wäre ein Fest sowieso gut zur Stimmungsaufheiterung).

Am Mittwoch war ich an der Swiss Professional Learning, einer Fachmesse für E-Learning-Menschen oder solche, die sich dafür halten (ich bin weder noch und durfte auch nur teilnehmen, weil ich einen Keynote-Speaker für die Messe vermittelt habe). Besagter Keynote-Speaker (ein Klick hier drauf lohnt sich, auch wenn man nicht Hello-Kitty-Fan ist) hat mir bezüglich Unterricht und Powerpoint die Augen geöffnet (und hoffentlich nicht nur mir). Zu Zeiten, als Powerpoint "frisch" erfunden war und jeder damit arbeiten wollte, geschah Seltsames.

Früher (zu meinen Schulzeiten zum Beispiel, ist schon eine Weile her) stand der Lehrer vorne in der Mitte des Schulzimmers und vermittelte uns sein Wissen (das wir mehr oder weniger begeistert aufnahmen oder auch nicht). Dann kam Powerpoint, und plötzlich stand der Lehrer/Professor/Dozent/Coach/etc. am Rand des Zimmers, die Kraft des Punkts hat gewonnen (den Hellraumprojektor musste man immerhin noch vor Ort bedienen). Bis heute steht nun dieses Bild im Zentrum, und fast niemand macht sich Gedanken über Sinn oder Unsinn dieser kompletten Veränderung in der Unterrichtslandschaft.

Die Tatsache alleine, dass der Lehrer nur noch eine Randfigur ist, wäre ja bei gewissen Lehrern nicht SOOOO schlimm, aber können wir wirklich lesen und hören gleichzeitig, und wenn möglich auch noch schreiben? Ich kann das ehrlich gesagt nicht (aber ich bin auch das Gegenteil von multitask-fähig, ich kann nicht mal Sprechen und gleichzeitig Salat rüsten, da landet garantiert die Rüeblischale in der Salatschüssel und das Rüebli auf dem Kompost). Da lief also etwas deutlich schief und läuft immer noch genauso schief wie vor einigen Jahren (sind heutige Studenten deswegen nun weniger intelligent?).

Im jetzt heiss gehandelten Zeitalter des Online-Learnings frage ich mich, ob der Lehrer ganz von der Bildfläche verschwindet. Oder ist es gar eine Chance ihn damit zurück auf die Bühne, ins Zentrum, zu rücken? Ich teile die Ansicht von Mark. hinsichtlich Wissensvermittlung: Er meint, dass die Hauptaufgabe des Lehrers nicht mehr die eigentliche Wissensvermittlung ist, sondern die Hilfestellung im dichten Dschungel des verfügbaren Google-Wissens. Wie und wo findet man welche Informationen, welche kann man nutzen, welche eher nicht? Ich habe zwar innert Sekundenbruchteilen Antworten auf fast alle Fragen des Lebens (ausser vielleicht auf diejenige, wie alt ich werde, und auch dafür gibt es unglaublicherweise online-Berechnungen), aber ich erhalte pro Frage nicht nur EINE Antwort, sondern Hunderttausende. 
Welche wählen? Arbeite ich mich durch den ganzen Berg und bekomme dabei graue Haare, oder gibt es bessere und schlechtere Wege zum Ziel? Hier muss mich jemand an der Hand nehmen und mir zeigen, wie ich suchen muss, um schnell zur richtigen Information zu kommen. Ich möchte nicht dasitzen und einer monotonen Stimme zuhören, die mir von der Powerpoint-Vorlage vorliest, was eine Ablauforganisation ist, das finde ich nämlich im Internet. Nur eben finde ich leider tausende von Links dazu, und welchem davon soll ich nun glauben?


Schwierig… aber was Mark. auch noch gesagt hat, und was ich sofort mit einem Kopfschütteln abtat, dummerweise jedoch trotzdem noch einmal reflektierte und zum Schluss kam, dass er womöglich eventuell allenfalls tatsächlich richtig liegt: Wissen kann man sich nicht ausschliesslich online aneignen ohne jeglichen Kontakt zu Mitstudenten oder einer Fachkraft. Ich als online-Lern-Spezialistin, die am liebsten alles ausschliesslich und zu 100% online lernt, weil mir jegliche Stundenpläne den Lernappetit verderben, höre das natürlich ungern, denn das hiesse ja, dass meine Online-Studiengänge gar keinen Nutzen hatten. Stimmt so natürlich nicht, aber ein seit Mittwoch nagt nun doch ein gewisser Zweifel an mir (Mark. sei Dank). Zwar habe ich die Online-Studiengänge immer sehr schnell durchlaufen und mit guten Noten abgeschlossen, aber wenn ich mir überlege, was wirklich in meinem Kopf hängen geblieben ist, dann – ok, hier überlege ich nicht mehr weiter, ich weigere mich!

Immerhin weiss ich, wie man online seine zu erwartende Lebensdauer ausrechnen kann. Das ist doch wirklich sinnvoll, nicht wahr? Und man kann diese dann gleich auch mit derjenigen der Kollegen vergleichen, was natürlich noch viel mehr Sinn macht.


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