Ich muss den harten Tatsachen definitiv ins Auge blicken,
nun gibt es keinen Ausweg mehr (Augen geschlossen halten nützt auch nichts,
musste ich leider feststellen). Seit gestern bin ich wieder Zuhause, ein Zuhause, das in den
vergangenen zwei Monaten von Hausbesetzern beschlagnahmt wurde. Sollte das
Gerücht tatsächlich wahr sein, dass ein Haus gesund ist, wenn sich viele Spinnen
gemütlich niederlassen, dann überbordet dieses Haus vor lauter
Gesundheit. Grosse Spinnen, kleine
Spinnen, Babyspinnen, Zimmermänner, Kreuzspinnen, Spinnen mit dicken Beinen,
schnelle Spinnen, langsame Spinnen, und auch ein paar tote Spinnen (vermutlich
alles Spinnenmänner, die nach dem Zeugungsakt getötet wurden, ein etwas
irritierendes Verhalten, finde ich).
Vor der ersten Wäscheaktion musste also erst mal der Gang
zur Waschmaschine spinnenfrei gemacht werden. Dann hängen sie in diversen
Variationen auch noch von der Wohnzimmerdecke, im Bad vergnügen sie sich in der Wanne,
aber was ich gar nicht mag sind jene Viecher, die exakt über dem Kopfkissen an
der Decke wohnen. Wüsste ich mit Sicherheit, dass sie da oben bleiben, wäre
ihre Wahl des Wohnquartiers in Ordnung, aber da ich weiss, dass sie sich in
Windeseile meterweit abseilen können, während ich nichts ahnend, im schlimmsten
Fall sogar mit offenem Mund, friedlich schlafe… diese Vorstellung behagt mir
seltsamerweise nur mittelmässig.
Ich weiss auch, dass der Mensch in seinem Leben
durchschnittlich 75 Insekten im Schlaf verspeist, aber diese Zahl möchte ich
nicht freiwillig übertreffen, nur weil ich Mitleid habe und die Spinne nicht
ins Freie befördern will.
Welche Lösung bietet sich an? Ich könnte nachts einen
tropischen Insektenschutz über meinen Kopf stülpen, das würde die Anzahl zu
verspeisender Insekten gegen Null minimieren, trägt aber höchstwahrscheinlich
nicht zu einem angenehmen Schlafklima bei.
Oder ich könnte die Spinne vor dem Schlafengehen
(also bevor ICH schlafen gehe, nicht sie) nach Draussen bringen, aber dazu
müsste ich SUVA-unkonform aufs Bett steigen, würde dann noch immer nicht bis
zur Decke reichen, müsste einen Stuhl auf die Matratze stellen, würde dann zwar
die Decke erreichen, mir aber sicher vorher schon das Genick brechen, also
keine gangbare Option.
Ich kann mich aber einfach auch mit dem Gedanken trösten,
dass eiweisshaltige, unverarbeitete Nahrung sehr gesund ist, und ich ernähre
mich grundsätzlich lieber gesund als ungesund. Bleibt noch die Hoffnung, dass das
Tier, wenn es sich dann schon zielgenau durch meine linke Zahnlücke in Richtung
Halszäpfchen abseilt, nicht zu sehr strampelt und mich dadurch zum Niesen
bringt. Wenn es sich schon in meine Nahrungskette schleichen möchte, dann soll
es dies schön ruhig und idealerweise unbemerkt tun.
Nun werde ich trotz gesunder Ernährung kurz nach oben gehen, einen drohenden
Blick in jede Zimmerecke werfen (zwei in jene Ecke, die sich oberhalb meines
Kopfkissens befindet), zähneknirschend den Wecker auf eine Unzeit stellen und
mich psychologisch auf den vollen Pendlerzug in Richtung Zürich einzustellen
versuchen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen