Sonntag, 10. August 2014

Viele Menschen oder wenig Elche?

Das ist im Moment keine Frage, über die ich mir wochenlang den Kopf zerbrechen muss. Ernüchtert sitze ich im Hotelzimmer (es ist keine Selbstverständlichkeit, dass dieses gross, angenehm, inklusive Strom, Warmwasser und WLAN ist) in Göteborg. Die letzten paar Hundert Meter der heutigen Reise waren überdurchschnittlich dichtestressig, das Navi hat ohne Vorwarnung (ok, wir waren schlecht vorbereitet) mitten durch Göteborg’s Fussgängerzone geführt. Während der Hochsaison ist das ein zweifelhaftes Vergnügen, und zwar nicht nur für den Fahrer. 

Mittlerweile jedoch steht unser Auto inklusive Velos friedlich geparkt in der Hotelgarage und geniesst es, ausnahmsweise einmal auf der Schattenseite stehen zu dürfen.

Ganz im Gegensatz zu uns: Bis jetzt war die Stadt, mal ausgenommen von einem schmackhaften Sandwich, eher kein Genuss. Die vielen Menschen hier, der Lärm, die Baustellen, die Trams, die Busse, die Schiffe, von allem hat es zu viel, von den Elchen und Trollen hingegen zu wenig. Nach fünf Wochen absoluter Ruhe und fast totaler Einsamkeit dachte ich damals bei der Buchung von Göteborg, dass wir uns sicher nach Stadtgeruch und Menschengedränge sehnen. Ich hätte es besser wissen müssen… 

Wir quälten uns durch die dichtgedrängten Gassen, durch die Saluhallen, an Gelaterias, typischen internationalen Modegeschäften, Pubs vorbei und schafften es immerhin bis zum Hafen, bevor wir völlig erledigt kapitulierten. Der Erschöpfungsgrund war nicht etwa die Anzahl Schritte oder die erklommenen Höhenmeter, sondern die unerwartete Reizüberflutung.
Nach einer kurzen Rast (Erholung ist zu viel gesagt) eilten wir zurück in den sicheren Hafen, sprich das ruhige Hotelzimmer, wo wir uns leicht irritiert der Frage stellen mussten: „Was machen wir nun mit dem Rest des Tages?“ Für Apéritif ist es noch zu früh, für das Abendessen sowieso, uns noch einmal in die Gassen wagen wäre eine Zumutung für unsere eingeschüchterten Seelen, also bleibt wohl nichts anderes übrig als Blog zu schreiben. Oder mich endlich den administrativen Herausforderungen widmen wie zum Beispiel Ticket für die Fähre Ausdrucken, die Einschiffungszeit Herausfinden, die Anfahrt zum richtigen Terminal Planen (diesmal hoffentlich ohne Fussgängerzone, obwohl ich befürchte, dass es keine Alternative dazu gibt), etc.

Ich bin unglaublich neugierig auf die Fährfahrt von Göteborg nach Kiel. Noch nie in meinem Leben war ich a) auf einem so grossen Schiff und b) so lange auf dem Wasser unterwegs. Unsere Kabine liegt auf dem obersten Deck, wir haben also beste Aussicht und hoffen auf einigermassen klare Sichtverhältnisse. Und was es auf diesem fahrbaren Ding nicht alles gibt, ich staune Bauklötze (jaja, ich bin naiv und habe keine Ahnung von Kreuzfahrtschiffen und dergleichen, dafür von Ruderbooten und Kanus):


Von der Bar mit Livemusik über das bediente und unbediente Restaurant, den Spielsalon, das Sonnendeck (in unserem Fall wohl eher ein Monddeck), den Alkoholladen, die üblichen Zollfrei-Geschäfte, die vielen verschiedenen Kabinenarten (unglaublich, zum Beispiel mit rundem Bett oder Whirlpool, Fenster vom Boden bis zur Decke, wahlweise Sicht auf die Brücke oder in den Sternenhimmel, und natürlich auch die ganz normalen Innenkabinen) und und und… ich freue mich wie ein kleines Kind auf die Überfahrt, die hoffentlich keine Übelfahrt wird.

Meer, ich bin bereit! Von mir aus könnten wir bereits jetzt ablegen.
Stenaline im Abendrot vor Tjurkö

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