Es liegt wohl drin, pro Monat Ferien eine touristische
Attraktion mitzumachen. Zwar haben wir die ersten sieben Wochen keine einzige
derartige Veranstaltung besucht, dafür in Hamburg gleich zwei hintereinander.
Beide haben sich trotz Menschengetümmel sehr gelohnt, aber so richtig Eindruck
gemacht hat mir die „Insider-Tour“ im Hamburger Containerhafen. Das Jasper-Busunternehmen
(normalerweise geht der hamburger Tourist wohl mit dem Boot auf Hafentour), das mit der
Hafen- und Logistik AG kooperiert, ermöglicht viermal pro Woche Einsicht in den
Containerhafen.
Der Containerhafen hat, zumindest für mich als Schweizerin,
unvorstellbare Dimensionen (die Tatsache, dass die Busfahrt geschlagene 3
Stunden dauerte, spricht für sich). Da stapeln sich Container wie bei
Valserwasser die Harassen, sechs Container können maximal aufeinander gestapelt
werden im Hafen (in den Schiffen werden deutlich viel höhere Stapel gemacht).
Vor lauter Blech sieht man häufig nicht um die nächste Ecke, hinter der
allenfalls einer dieser Monster-Stapler hervorschiesst. Trotz seiner zwanzig
Tonnen Eigengewicht bewegen sie sich sehr agil und mit grosser Geschwindigkeit
über das ganze Gelände.
Ebenfalls einen bleibenden Eindruck hat der Seemannsclub Duckdalben
hinterlassen. Er wurde von der Seemannsmission Hamburg gegründet und ist ein
Aufenthaltsort für Seefahrer, die in Hamburg stationiert sind, aber keine Zeit
haben, um in die Stadt zu gehen. Der Zeitdruck lässt einen Besuch in der Stadt
meist nicht zu, weshalb die Seemänner in den Seemannsclub Duckdalben gehen.
Dort finden sie alles Wichtige vor, das sie auf ihrem Schiff nicht haben:
Telefonkabinen, Laptops, eine Bar inklusive Karaoke, ein gemütlicher Garten,
Basketballfelder, Tischtennistische, etc.
Wir hatten das Glück, dass einer der ehrenamtlichen
Seemannsclub-Mitarbeitenden Zeit hatte und uns das Obergeschoss des Clubs
zeigte. Im Obergeschoss dieses doch eher „bärtigen“ Clubs liegt der Raum der
Stille. Hier finden die Seefahrer Gebetsecken der acht wichtigsten
Weltreligionen. Der Jude kniet neben dem Sikh, ein Moslem betet gleichzeitig neben
einem Hindu. Die Schaffung dieses Raums erfuhr starken Gegenwind, und ich bin
einmal mehr wütend darüber, dass die Obrigkeiten der Religionen so fest davon
überzeugt sind, dass nur die ihre die einzig Wahre ist, und niemals
andersartige Andachtsnischen im selben Raum koexistieren dürfen. Ich bin aber
auch irgendwie stolz auf die Menschen, denen das so gar nichts ausmacht, denen
es völlig unwichtig ist, dass neben ihnen noch andere Glaubensangehörige
anwesend sind und gleichzeitig verschiedene Gottheiten angerufen werden. Ihnen
ist einfach nur wichtig, dass sie ihren Glauben leben können, friedlich und
mitten in allen anderen Konfessionen. Wenn nur alle Menschen so wären, offen
und tolerant Fremdem gegenüber, nicht so von ihrer eigenen „Richtigkeit“
überzeugt!
Nach der Seemannsmission folgte der zweite Teil der Tour, im „modernen“ Teil es Hafens. Hier sind die
Stapler automatisiert, sie werden per Computer und mittels Sensoren unter dem
Strassenbelag gesteuert. Sie sehen tatsächlich seltsam aus, diese unbemannten Fahrzeuge, und sie haben mir ein
Lachen entlockt, weil sie blinken und Bremslichter betätigen wie echt, obwohl
alle ihre computergesteuerten Strassenkameraden ja das
Geblinke gar nicht sehen können.
Wir hatten Glück, zeitgleich mit unserem Besuch wurde eines
der ganz grossen Containerschiffe entladen. Es kommt aus Singapur und kann 16‘000
Container (die grossen, zwölf Meter langen) laden. Die Luken in den
Zwischenböden werden für den Ladevorgang mal eben mit dem Kran hochgehoben und
neben unserem Bus abgesetzt. Das wummert unglaublich, wenn die 40 Tonnen
schwere Luke ganz sanft auf dem Boden platziert wird. Spätestens ab hier hat
mein bis dahin nicht vorhandenes Seemannsherz höher zu schlagen begonnen. Eine
ganz eigene Atmosphäre ist zu spüren, zu hören, zu riechen, zu sehen hier.
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