Mittwoch, 3. Februar 2016

Einen Scheiss muss ich!



Nein, das ist nicht O-Ton von mir, so etwas würde ich nie (zumindest schriftlich) von mir geben, ich bekomme ja schon einen roten Kopf, wenn ich nur an ein Fluchwort denke, geschweige denn es laut aussprechen müsste. Das ist tatsächlich der Titel meiner letzten Lektüre, und die war nur schon deswegen eine ziemliche Herausforderung. 
Die nächste, viel grössere, war es, im Zug nicht plötzlich laut herauszulachen, da schauen einen die Mitreisenden nämlich immer so seltsam an. Weshalb darf man eigentlich im Zug nicht lachen? Telefonieren und lautstark über seine persönlichsten Probleme sprechen (resp. in den übelsten Tönen über die Ex schimpfen, oder den Chef, oder den Nachbarn, der dummerweise genau im selben Zugwagen sitzt und alles mithört, gut, würde der Chef dort sitzen wär es noch viel blöder) darf man ja auch jederzeit und überall, ohne dass jemand mit der Wimper zuckt.

Ich jedenfalls weiss seit eben dieser Lektüre, dass ich einen Scheiss (erröt) muss. Ich muss weder raus, wenn die Sonne scheint, noch muss ich weniger Alkohol trinken, noch muss ich Veganer werden oder Sport treiben. Aufräumen schon gar nicht, das Wochenende mit abenteuerlichen Plänen vollstopfen auch nicht, eine Meinung haben zu jedem noch so sinnlosen Thema muss ich auch nicht und jede kleinste Fingerregung auf Facebook posten, damit mich jemand liked genauso wenig.

Natürlich gibt es Dinge, die ich eigentlich muss, aber die formuliere ich jetzt halt kurzerhand um. Das klingt dann statt so: „Ich muss Wochenend-Einkauf machen“ neu so: „Ich darf die kommenden zwei Stunden in einem stimmungsvoll erleuchteten, vielseitig frequentierten, spannenden (weil die Spaghetti alle zwei Wochen an einem neuen Ort zu finden sind) Einkaufsparadies nach feinsten Zutaten für meine geplanten Mahlzeiten suchen, mit grosser Freude am Ende der schönen zwei Stunden meinen Geldbeutel zücken und die ansprechend gestaltete Plastikkarte der Bank meines Vertrauens (?!) in den Apparat stecken.“ Klingt doch gleich viel attraktiver, nicht wahr?

Eine Frage hätte ich noch: „Einen Scheiss muss ich!“ hat mir einer meiner treuen Kunden zukommen lassen, ohne Worte. Wie um Himmel’s Willen habe ich das zu interpretieren? Ich muss ja nicht, aber ich kann… und vielleicht will ich das lieber gar nicht wissen.

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