Montag, 8. Februar 2016

Freu(n)de



Kennt ihr dieses Gefühl, bis zuoberst mit Freude gefüllt zu sein? So vom kleinen Zeh bis zur äussersten Haarspitze? Vom linken kleinen Finger quer hinüber bis zum rechten kleinen Finger? Allumfassend ist wohl das richtige Wort. Und nein, ich bin nicht frisch verliebt! Also natürlich schon, in meinen Mann.
Dieses Gefühl hatte ich zum letzten Mal am Morgen nach unserem Jassturnier. Eigentlich hätte ich da eher einen ausgewachsenen Kater erwartet und nicht ein Gefühl der Freude. Es fühlte sich an als wäre das ganze Haus ein einziges Lachen. Und das aus dem alleinigen Grund, weil mir plötzlich so bewusst wurde, welch gute Menschen wir in unserem Umfeld haben. Ein riesiges Glück, wenn an einem einzigen Abend all diese Menschen um uns herum versammelt sind, man zusammen lacht, diskutiert, oder auch mal den anderen auf die Schippe nimmt. Den Abend habe ich natürlich genossen, aber erst am Tag danach auch realisiert, dass dieses Glücksgefühl noch lange nachhallt. Ganz egal, wie viele Gläser da noch herumstehen, wie viel Aufräumarbeit noch wartet (die ja dank meiner Eltern meist schnell erledigt ist, wie schön), oder wie müde man ist.

Kürzlich war wieder einer dieser Momente. Der neunzigste Geburtstag der Tante meines Mannes (nicht so schwierig, braucht keinen Stammbaum, oder?) stand an. Ich habe sie bisher noch nicht sehr häufig getroffen, geschweige denn länger mit ihr geredet. Mal an einem Familienfest kurz die Hand geschüttelt, dann aber weit weg von ihr gesessen, oder an einer Beerdigung den Weg gekreuz, wenn es einem grundsätzlich nicht so sehr zum Reden zumute ist. Was ich aber von Anfang an wusste, dass sie mir unglaublich sympathisch ist.
Seit diesem Geburtstagsfest gibt es einen ganz wunderbaren, fröhlichen Menschen mehr, der, in dieser Form ganz unerwartet, in mein Leben getreten ist. Die ältere Dame ist mein absolutes Vorbild, wie hat sie es nur geschafft, neunzig Jahre lang ein Kind zu bleiben? Natürlich nicht nur, aber auch. Welche neunzigjährige Frau streckt schon heimlich die Zunge heraus und denkt, dass es niemand gesehen hat? Wer kitzelt in diesem Alter noch seine eigene Fusssohle auf dem an die Wand projizierten Foto? Ich habe eine grosse Hochachtung vor diesem Menschen, aber gleichzeitig spüre ich auch eine grosse Nähe zu ihr. Dieses Gefühl hat sich über mich gelegt wie eine Daunendecke, wohlig warm, heimelig, und sehr vertraut. Und in kürzester Zeit… wie ist das möglich? Und dann noch bei mir als Trägerin des halboffiziell verliehenen Titels „Kühlschrank des Jahrzehnts“? Da hat wohl jemand den Stecker gezogen, ich verdächtige ganz stark meinen lieben Mann...

Ja, ich habe mich tatsächlich ein wenig in das Geburtstagskind (die im Innersten tatsächlich noch ein übemütiges Kind ist) verliebt und freue mich schon jetzt auf unser nächstes Treffen, das wir uns schon bald versprochen haben. Ganz egoistisch möchte ich sie für mich alleine haben, mit ganz viel Zeit für Gespräche, Gelächter und Wohlfühlgarantie. Danke, Anne Marie!


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