Ab und zu geschehen seltsame Dinge im Leben. Auch wenn man
sich ganz fest auf die Rekonstruktion der Details konzentriert, findet man
keine Erklärung.

Letztens jedoch wiederfuhr uns etwas noch viel Seltsameres:
Ein unauffälliger Tag gegen Ende Mai, es ist Abend, wir
bereiten wie üblich gemeinsam das Abendessen zu, etwas später als gewohnt
vielleicht, aber nichts anderes Aussergewöhnliches. Während ich Brot schneide, sehe ich
meinem Mann zu, wie er eine kalte Platte herrichtet, Käse auspackt, Fleisch
anrichtet. Er trägt die Platte in den Garten, stellt sie auf den Tisch und
kommt zurück, um Gläser zu holen.
Wir diskutieren kurz, ob es uns allenfalls verregnet, kommen aber zum Schluss, dass Regen bekanntlich schön macht, wir deshalb das Risiko eingehen. Gemeinsam gehen wir
wieder in den Garten, ich setze mich. Mein Mann hingegen bleibt wie vom Donner
gerührt stehen, legt seine Stirn in tiefe Runzeln, macht Rechtsumkehrt und geht
wieder in die Küche zurück.
Ich folge ihm, weil ich keine Ahnung habe, was da
gerade passiert ist. Er schaut in den Kühlschrank, nimmt die Fleischpackung
noch einmal hervor, runzelt seine Stirne noch etwas tiefer (falls überhaupt möglich), schaut wieder auf den Gartentisch. „Sag mal, ich habe doch Fleisch
auf die Platte gelegt, nicht wahr?“ „Ja, hast du“, versichere ich, denn ich
habe ihm aus irgendeinem Grund bewusst dabei zugeschaut. Ich verstehe sein Problem
immer noch nicht, aber seiner Mimik nach zu urteilen hat er ganz offensichtlich
eins.
Er geht noch einmal in den Garten (ich wie ein Schatten
hinterher), stellt sich vor den Tisch, und da sehe auch ich es: Die kalte
Platte ist zu einer rein vegetarischen mutiert! In der einen Minute, in der wir
in der Küche über das Wetter diskutierten, hat sich das Fleisch aus dem Staub
gemacht (und der Weg zwischen Küche und Garten beträgt knappe 2 Meter, nicht
etwa einen halben Kilometer). Nun lege auch ich meine Stirn in Falten, kneife
die Augen zusammen, aber da ist noch immer nur der Käse zu sehen. Ich überlege
mir, ob eine Katze die Gunst der Stunde genutzt und uns das Fleisch vom
Tisch gestohlen hat. Weit und breit ist jedoch keines dieser Tiere zu erspähen.
Aus dem Augenwinkel sehe ich rechts von mir, im Kräuterbeet,
etwas Rotes schimmern und schaue genauer hin – tatsächlich, da liegt das
Fleisch mitten im Petersilienbusch! Es sieht ziemlich zerzaust aus, was um
Himmels Willen da wohl geschehen ist? Himmel ist ein gutes Stichwort, denn da
oben kreist ein Rotmilan, tief über unserem Dach. Mir fällt es wie Schuppen vor
die Augen: Der (Greif)Vogel hat sich das Fleisch gegriffen, es dann aber gleich
wieder aus den Krallen verloren, und schon liegt es friedlich, aber ziemlich
mitgenommen, in den Petersilien.
Wir zügeln ins Wohnzimmer und hoffen, dass der Vogel sich
seine Beute noch holt, das wäre ein spannendes Schauspiel. Leider kommt er
nicht wieder, und vermutlich ist das sogar gesünder für ihn. Gesalzenes Fleisch
bekommt einem Vogelmagen wohl nicht wirklich, jedenfalls habe ich noch nie
einen Rotmilan gesehen, der die erbeutete Maus erst würzt, bevor er sie
verschlingt.
Dieses Rätsel ist also (höchstwahrscheinlich, wir konnten den Vogel noch nicht befragen) gelöst, bleibt nun noch die Frage
nach dem selbstständigen Einkaufswagen im Coop. Allenfalls aussergewöhnlicher Dienst am Kunden?
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