Sonntag, 21. September 2014

Nicht ganz hundert



Nicht ganz hundert ist super! Ich meine damit natürlich weder mein Alter (auch wenn das ebenfalls nicht ganz hundert ist), noch meinen geistigen Zustand, obwohl auch dieser nicht immer ganz hundert ist. Ich meine schlicht und ergreifend mein Anstellungsverhältnis. Dieses ist nicht ganz hundert, und das ist herrlich!
Ganz viele Vorteile fallen mir ein: Am Montagabend muss ich nur noch dreimal aufstehen, bis schon wieder Wochenende ist. (Pensionierte) Gäste können auf Donnerstagabend eingeladen werden ohne den Hinweis, dass ich unter der Woche ab spätestens 22.00 Uhr nervig werde, wenn ich immer noch in Jeans statt im Pyjama bin. Den Wecker muss ich nur an vier Morgen stellen, und an den anderen dreien kann einfach ausschlafen. Am Freitagmorgen spontan auf eine Biketour gehen, wenn mich die Sonne anlacht (und danach der Liegestuhl) ist kein Problem. Diese Liste könnte unendlich weitergeführt werden.

Natürlich müsste ich den freien Tag, sprich den Freitag (bezeichnenderweise), nutzen, um an meinem zweiten Standbein zu schrauben, aber im Moment geniesse ich es ganz einfach, ein Wochenverhältnis von 4:3 zu haben. Vier Tage arbeiten, 3 Tage nicht, oder eben anders. Ich trampe dann auf den Berg, wenn es nicht alle anderen Menschen auch tun, stehe in Ruhe oben, geniesse die blendende Aussicht bis in die Berner Alpen, fahre wieder den Berg hinunter ohne dabei das Leben der wandernden Bevölkerung, die nämlich erst ab Samstagmorgen unterwegs ist, zu gefährden. Und das alles mit einer guten Kollegin, die zwar ganz hundert, resp. mehr als hundert ist, aber sich trotzdem hin und wieder eine Auszeit für eine Biketour nimmt. 

Da fühle ich mich gleich doppelt bevorzugt in meiner Situation. Leider nur genau so lange, bis ich an meine bessere Hälfte (also ich meine meine gleich gute) denke, die im Büro sitzen muss, statt mit mir auf dem Bike. Aber gemessen an den vielen Jahren Pensioniertheit, die er mir voraushaben wird, liegen wohl noch einige Freitage drin, an denen er arbeiten muss, während ich die frische Luft geniesse.

Es gibt jedoch auch die andere Seite der freien Freitage: Man oder frau kann sie nämlich auch so verbringen, wie man sie eben genau NICHT verbringen würde, wenn man müsste. 

Zum Beispiel mit einer grossen Haus-Ausräumungs- sprich Entsorgungsaktion bei meiner Freundin, der ich in einem schwachen Moment ganz unbedacht meine Hilfe angeboten habe. Zur Beginn der folgenreichen Whatsapp-Kommunikation (rechts) wusste ich nicht, worauf ich mich einlasse. Jetzt weiss ich, dass mein Hilfe-Angebot erstens genutzt wird (was prinzipiell auch die Idee dahinter war), und zweitens nichts mit Nichtstun zu tun hat, sondern mit Muskelkraft und Zeiteinsatz. Ich sehe es sportlich: Gratis Fitness und gleichzeitig eine Gelegenheit, uns mal wieder auszutauschen, wenn auch keuchend und ächzend. Sollte der darauf folgende Muskelkater dann zu schmerzhaft sein, wird sie es garantiert zu hören bekommen mit dem Hinweis, doch in Zukunft auf etwas leichtere Kartonverpackungen zu achten, und den Wein im Tetrapak statt in der Flasche zu kaufen.
Trotzdem würde ich jederzeit wieder ein solches Angebot machen, also höchstwahrscheinlich. Aber wer weiss, vielleicht bin ich danach mit Ischias geplagt, Blasen an den Händen, blauen Flecken am Schienbein, aufgekratzten Ellenbogen oder wer weiss was sonst noch so passieren kann beim Räumen, GANZ im Gegensatz zu einer gemütlichen Biketour an einem freien Freitag natürlich.


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