Montag, 15. September 2014

Die alte Dame und der Geist



Tatsächlich zieht sich das Schauderthema Geist und Co. weiter. Ich traute meinen Ohren kaum, als ich ein Telefongespräch zwischen meinem Mann und seiner schon sehr in die Jahre gekommenen Mutter belauschte: „Jaja, wir kommen. Ja, heute noch. JA, bevor es dunkel wird! Ja, wir kommen ganz sicher, aber es wird früher Abend. Also dann, bis später! JAHAAA, wir kommen ganz bestimmt!“ Sie hat anscheinend die ganze Nacht kein Auge zugetan, und wir müssen zwingend heute noch bei ihr vorbeischauen.

Wie sich herausstellt, hat sie einen Geist auf dem Dachboden, und unsere Aufgabe ist es nun, diesen zu jagen, respektive sichtbar zu machen. Der Poltergeist lässt offensichtlich Nacht für Nacht Holzklötze auf den Boden knallen, spaziert hin und her (was erstens bei seiner vermuteten luftigen Konsistenz gar keine Geräusche machen dürfte und zweitens bei den vielen Spinnweben, die sich ihm in den Weg hängen, keine fortlaufende Geräuschkulisse ergeben würde) und ist ganz allgemein kein willkommener Mitbewohner.
Nichts wie los also, wir schnappen uns die grösste vorhandene Taschenlampe mit „Erstarr-Funktion“ (man weiss ja schliesslich doch nie so ganz genau), entfalten die knarrende Estrichtreppe und bahnen uns einen Weg über die klebrigen Spinnweben. Zuhauf liegen und hängen sie in der Gegend herum. Ah, da, eine hat sich quer über meine Augen gelegt, ich seh nichts mehr! Und nun hängt eine über die Lippen bis hinter die Ohren, und sie klebt fest, ich bin mundtot! Vor lauter um uns Wischen haben wir beinahe die Hauptaufgabe aus den Augen verloren, nämlich die Konzentration auf den Geist.

Nirgends Anzeichen von Holzklötzen, keine Fussspuren im Staub, keine Blutflecken an den Balken (vermutlich trägt er ja keinen Helm und wird sich demzufolge ab und zu den Kopf an einem Balken stossen)… aber auch keine Spuren von Mardern oder Mäusen, rein gar nichts ist zu sehen. Was sollen wir ihr denn nun zur Beruhigung sagen? Wohl schlicht und ergreifend, dass ein offener Holz-Dachboden ab und zu ziemlich laut knarren kann, und dass da oben ganz ehrlich und auch nach gewissenhafter Suche niemand sein Unwesen treibt. 

Ob ihr das wirklich zu einem besseren Schlaf verhilft, wage ich zu bezweifeln. Aber es gibt schliesslich auch nette Geister, oder?
(Der ist doch süss, ich würde ihn sofort als Mitbewohner nehmen)

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