Am Wochenende trieben wir uns in
der Unterengadiner Bergwelt herum. "Aaaaaah, schöööööön, die haben's gut!"
höre ich die einen oder anderen neidisch seufzen. Stimmt, ich wäre auch neidisch auf mich. Auch wenn es einige
Stunden gab, in denen ich mich auf einem gemütlichen Sofa gewünscht hätte statt
unterwegs in den Alpen.
Vorhergesagt war strahlend blauer
Himmel, Sonne pur, kein Wölkchen am Himmel. Am Samstagmorgen war der Himmel
allerdings auch nach wiederholtem Augenreiben noch immer tiefgrau statt
tiefblau. Darauf vertrauend, dass Meteo schon recht hat, zogen wir los,
schlotternd in kurzen Bike-Shorts, die warmen Handschuhe (ausgeliehen) im
Rucksack, ebenso die Mütze und die Hoffnung auf eine warme Suppe irgendwo in
einer Berghütte.
Nach den ersten hundert
Höhenmetern wurden wir über den unmittelbar bevorstehenden Alpabzug informiert,
unmittelbar wie unmittelbar: in 10 Minuten, ein Alternativweg war als dringend
nötig. Den gab's tatsächlich, aber natürlich wollten wir einen Teil des Abzugs
mitverfolgen. Mehr als hundert Kühe, Rinder und Hirte zogen zu Tal, das beeindruckende
Kuhglockengetöse hallte vermutlich hinüber bis nach Italien.
Weiter ging's, noch immer im
Tiefgrau, Schweisstropfen waren kein Thema, nicht nur mangels Schwitztechnik,
sondern weil es ziemlich kühl war. Noch nicht ganz oben angelangt lachte uns
ein Hirschgeweih an, und darunter auch (viel wichtiger) der Eingang in ein
Berggasthaus. Das liessen wir uns nicht entgehen, die heisse Suppe war bitter
nötig und wärmte die kalten Glieder wieder etwas auf. Die dazugehörige
Sonnenterrasse hätte zwar eine einmalige Aussicht geboten, allerdings glänzte ein wichtiger Bestandteil des Worte in Abwesenheit, um den dortigen Aufenthalt wirklich zu geniessen.
Kurz nach der Suppe bogen wir ab
in einen wärmstens empfohlenen Bike-Trail, und auch von der folgenden Trage-
Schiebestrecke wussten wir.
Dann sollte es so richtig losgehen, wunderschöne
Wege, alles bergab, zurück bis direkt vors Haus. Stimmt, bloss wussten wir
nicht, dass der so schöne Wanderweg mittlerweile zu einem Kuhwanderweg
mutierte. Knietief versuchten wir uns auf dem Bike zu halten, zu Fuss gehen war
bauchhohe Fischerstiefel keine Alternative. Einmal stecken geblieben gabs nur
eins: tief Luft holen, auch ohne Fischerstiefel vom Drahtesel steigen und
schieben. Wohlgemerkt ein Bike schieben, das statt der üblichen 12 nun
plötzlich 20 Kilogramm wog, Morast sei Dank.
Ab und zu überquerten wir
Bergbäche, was kurzfristig zu leichterer Ausrüstung und sauberen Schuhsohlen
(NICHT trockenen Füssen) verhalf. Durchbeissen lautete die Devise, und es
lohnte sich. Die Sonne ging auf, wärmte unsere kalten Knochen (die vom durch
den Schlamm Schieben nicht mehr so kalt waren wie auch schon) und der Weg wurde
langsam trockener. Endlich konnten wir die verdiente Abfahrt geniessen, und
auch trotz knietiefem Morast wurde uns nicht zu viel versprochen, diese Tour
war schlicht grandios. Und mir würden schlicht die Worte fehlen, hätten wir sie
unter besseren Wegbedingungen gemacht.