Ja, ab und zu ertappe ich mich selber bei Vorurteilen, was
mir jeweils sehr unangenehm ist, weil ich eigentlich möglichst keine Vorurteile
haben will. Aber manchmal machen sie das Leben auch einfach amüsanter, diese
Vorurteile.
Letztens am Bahnhof Altstetten abends um fünf: Gut zu
wissen, dass das mitten in der Stosszeit ist, es tummeln sich Menschen auf dem
Perron, quasi Schulter an Schulter, Tasche an Tasche, Zigarette an Zigarette
und Handy an Handy sowieso. Diese ungewollte (und auch total unerwünschte) Nähe
zu meinen Mitmenschen bringt es naturgemäss mit sich, dass man in andere
Konversationen hineinhört. Das kann je nach Inhalt und/oder Niveau des Gesprächs
ein hineinhören Können oder Müssen sein, meist ist es ein Müssen (nein, es
interessiert mich wirklich und wahrhaftig nicht, wieviel PS der neue Jeep haben
muss und dass man (es war erst noch eine FRAU) eben nicht den ökologischen
kaufen kann, weil der nämlich nicht wie ein Auto, sondern wie ein Traktor
klingt).
Zurück auf den Perron in Zürich Altstetten.
Unglücklicherweise kam ich neben zwei junge Männer zu stehen, die sich im
typischen Mundart-Albanisch-Italienisch-Türkisch-Slang unterhielten, nicht
gerade leise. (Übrigens für alle, die den Bezug zu unseren Jungs etwas verloren
haben, hier eine wichtige Information: Auch Jungs und Mädels, die in der
siebten Generationen in Hintertupfingen wohnen und mit ihren
Eltern/Nachbarn/etc. einwandfrei Hintertupfingisch reden, haben diesen Slang
drauf, weil das cool ist, und weil die Jungs mit einer solchen Akzent-Färbung
grössere Chancen auf der Mädels-Jagd haben.) Jetzt bin ich schon wieder vom
Perron in Altstetten abgeschweift, also zurück zu den beiden Jungs (ein
Schweizer und ein Italiener, aber beide mit Slang), die da immer noch stehen,
und ich gleich daneben (mittlerweile sind mir auch noch die Ohren abgefroren,
aber der Zug sollte demnächst eintreffen).
Boy 1: „Ey, Altä, was
lauft?“ Boy
2: „Ey, Mann, voll iisi, morn isch Wuchenänd.“ Boy 1: „Vollcool, ey! Ey, Altä, d
Sara isch im Fall vollgeil wänn si dich so aaluegt vo unä ufä.“ Boy 2: „Ächt
jetzt?“(Und hier war meine Vorstellungskraft schon leicht irritiert, meine
Ohren wollten nicht mehr hinhören.) Boy 1: „Und weisch was? Si isch uh huerä
chlii, aber si fangt jetzt scho ah zum redä, Mann, und laufä cha si au scho
fascht ganz.“ Boy 2: „Ah, dini jüngschti Cousine, gäll, Mann…“ Boy 1: „Ja voll, ey,
huerä härzig, di chlii!“
Genau, und was lief da in der ersten Hälfte des Gesprächs
in meinem Kopf genau ab? Hmpf, ich verdränge das lieber und freue mich, dass
die beiden Jungs Freude an der kleinen Sara haben. Einmal mehr sollte ich mit Vorurteilen
vorsichtig sein und meinen Mitmenschen
zuhören, bevor ich mir eine Meinung bilde. (Aber manchmal macht das Gehirn einfach etwas und ich hole erst etwas später wieder auf, ähm, wenn überhaupt.)
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