Sonntag, 8. November 2015

Haussafari



Am Wochenende waren wir als Hausverkäufer tätig, respektive als Haussafari-Guide. Auf diesen Einsatz habe ich mich gefreut, als geborene Gwundernase war ich nämlich gespannt, wer da so alles kommt, herumschaut, fragt, wer eher die Aussicht schätzt oder wer sich mehr auf die Anzahl Zimmer konzentriert (man könnte übrigens eine Sozialstudie über das Verhalten der Menschen an Hausbesichtigungen machen).

Unter den Interessenten waren überdurchschnittlich viele sehr junge Paare, die meisten noch kinderlos. Die meisten waren auch überdurchschnittlich freundlich (nun gut, sie wollten schliesslich alle Eindruck machen, so dass sie eher berücksichtigt werden bei der späteren Auswahl. Dass wir das gar nicht entscheiden können, wussten sie nicht). Fünf dieser Interessenten-Parteien hinterliessen tatsächlich einen sehr guten, bleibenden Eindruck (trotz der doch eher grossen Menge an Menschen, die durch das Haus schlichen, an jede Wand klopften, Fotos von jedem Zentimeter machten, schon Umbaupläne wälzten oder auf die Mängel hinwiesen).

Zwei Familien hinterliessen ebenfalls einen bleibenden Eindruck, allerdings einen schlechten. Die eine Familie kam mit ihren beiden Kindern, die schon gelangweilt waren, als die Eltern an der Türe klingelten. Danach rasten sie unkoordiniert zwischen Garten, Wohnzimmer und Küche hin und her, rissen die Gänseblumen aus, streuten Blätter auf den Teppich und verunmöglichten jegliche Kommunikation. Wir staunten ob der liberalen Eltern und waren froh um den staubtrockenen Boden im Garten, so hielten sich die Flecken auf dem Teppich in Grenzen. Wäre es draussen nass gewesen, hätten wir wohl ein Schild angebracht: „Kinder müssen draussen bleiben“.


Die andere Familie betrat das Haus, und keine drei Sekunden später steckte der ältere Sohn bereits seine Finger in die Steckdose. Gefühlte sieben Sekunden später hing er auf dem Balkongeländer, kurz darauf kletterte er in Richtung Dachboden. Dann fand er im Garten einen dürren Ast, mit dem er seinem jüngeren, noch kriechenden Geschwister versehentlich ins Auge stach. Uns war rasch klar, warum die beiden so viele Kratzwunden hatten, allerdings wunderten wir uns auch, dass der ältere doch immerhin ca. 7 Jahre alt war und es bis dahin überlebt hat. Und erst noch ohne Gips unterwegs war.

Wir atmeten erleichtert auf, als besagte Familie ihre glücklicherweise unversehrten Kinder wieder im Kindersitz festzurrte und von dannen zog. Nach acht Stunden Hausführungen und vielen interessanten, lustigen, anstrengenden, ärgerlichen und scharwenzelnden Diskussionen freuten wir uns dann doch ziemlich auf die verdiente Stunde im Liegestuhl, bei zwanzig Grad im November, was will man mehr?


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