Erinnert ihr euch an die Zeit, als Advent noch
besinnlich war? Ich leider nicht, das muss wohl irgendwann in meiner Jugend
aufgehört haben. Als Kind war ich mir zudem der Bedeutung von „besinnlich“ noch
längst nicht bewusst (wäre ja auch langweilig gewesen) und habe es deshalb weder geschätzt noch hätte ich es vermisst.
Mittlerweile habe ich, insbesondere als leidende S12-Pendlerin, feststellen müssen,
dass die Standardbegrüssung zwischen dem 1. und 24. Dezember von einem
einfachen „Hallo“ wie folgt angepasst wurde: „Bisch au voll im
Wienachts-Schtress?“ Kein „Hallo“, kein „Wie geht’s?“. Natürlich war mir diese
Veränderung während der letzten Jahre bereits bewusst, aber während der vergangenen Wochen, meist im
Zug, traf mich die erschreckende Erkenntnis, dass die Weihnachts-Stress-Begrüssung nicht nur die
Ü-40-Generation, sondern auch die U-20 erfasst hat.
Es braucht wohl wirklich unglaublich viel Kraft, sich auf
den Advent zu besinnen. Und dabei nicht aus den Augen zu verlieren, auf
welche Ankunft wir überhaupt warten. Auf jeden Fall nicht auf jene der
günstigsten Küchenmaschine oder des besten Weihnachtsdeals.
Wohin wir auch
schauen, überall blinkt es wild vor sich hin, schreien uns Weihnachtsaktionen
von grossen Plakaten herunter laut an („Kauf mich, kauf mich, ich bin NIE
wieder so günstig wie JETZT!!!“), springen uns negative Schlagzeilen ins Auge,
erfasst uns die vorweihnächtlich gestresste Einkaufs-Menschenmenge und reisst
uns mit. Wie soll man da gegen den Strom schwimmen können?
Am einfachsten wäre es, man könnte im Dezember gemütlich
zuhause bleiben, sich das Wohnzimmer schön einrichten, viele Kerzen aufstellen,
jeden Tag einen Spaziergang in den Wald machen, mit einem Tee ans Fenster
sitzen und dann zwischen dem 24. und 26. Dezember in einen Tiefschlaf sinken. So
hätte man Zeit sich auf das wirklich Wesentliche zu besinnen, was auch immer
das ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen