Donnerstag, 9. Juli 2015

Vergelts Gott!



Bei den zurzeit herrschenden Temperaturen läuft die Fabrik in meinem Kopf wieder wie geschmiert. Nicht nur darüber bin ich sehr froh, sondern auch um die etwas kühleren Nächte, in denen man endlich wieder die Decke über den Kopf ziehen kann. Mal ganz abgesehen davon, dass man wieder genüsslich im Garten sitzen und ein Glas Rotwein trinken kann, ohne gleich beschwipst vom Holzdeck zu fallen oder aus voller Kehle den Ententanz zu singen. (Ich bezweifle zwar, dass unser Ruf bei den Nachbarn noch zu ruinieren ist. Und kann man eigentlich einen Tanz singen? Egal…)


A propos Enten: Weiss jemand von euch, ob Vögel schwitzen, wenn es so heiss ist? Sie sitzen auffallend oft in unserem Brunnen, nicht auf dem Rand wie üblich, sondern beim Ablauf. Dort sitzen sie dann und nehmen ein Vollbad, was ziemlich amüsant aussieht. Weniger amüsant ist hingegen, dass sie mittlerweile  so zahm sind, dass sie sogar unsere Liegestühle in Beschlag nehmen.

Gartenzeit beschert einem aber nicht nur Vögel im Wasser, sondern auch ganz spontane Begegnungen. Letztens sassen wir bei besagtem Glas Wein, vertieft in die Ferienplanung (meine Lieblingsbeschäftigung, also die Ferienplanung), als uns eine mittelalterliche rothaarige Frau mit Hund von der Strasse her zurief. Sie machte einen eher konfusen Eindruck, während sie erzählte, dass sie ihre Freundin suche, die an der Stationsstrasse 4 wohne. Natürlich hatte ihr Handy keinen Strom mehr, und sie irre seit einer halben Stunde an der Stationsstrasse herum und finde die Nummer 4 nicht.

Tatsächlich existiert weder die Nummer 4 an der Stationsstrasse noch die Freundin im telsearch.ch. Weil guter Rat teuer, die Dame sehr sympathisch und der Hund namens Paulus lustig waren, nahmen wir die beiden bei uns auf. Wir hängten das energielose Telefon an den Strom und flössten der Dame ein Glas Wein ein, was diese erstaunlicherweise dankend annahm. So ergab sich ein spannendes Gespräch über Gott und die Welt, die Dame war nämlich Theologin und macht als Diakonistin Jugendarbeit im Kanton Thurgau.

Dass da das Thema Kirche und katholisch/evangelisch nicht lange auf sich warten lässt, war zu befürchten. Ich schwebe seit Jahren im gläubigen Nichts, weshalb ich diese Diskussion wirklich nicht vertieft führen wollte. (Vor allem nicht mit einer Theologin, das wäre zu komplex für einen späten Mittwochabend.) Paulus sei Dank wechselte das Thema zu Hunden und Kindern und was sonst noch Spass macht, bis sich die Dame und der Paulus dann erneut auf die Suche nach besagter Freundin machten, mit der richtigen Hausnummer im Kopf und nicht ohne ein herzliches „Vergelts Gott!“. Und zwar mit dem (etwas leiseren, aber umso vielsagenderen) Nachsatz in meine Richtung: „Für die einen ganz besonders…“. Nun ja, eine Spur schlechten Gewissens hat sie ganz eindeutig hinterlassen, auch wenn sie mir dabei zugezwinkert hat.


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