Freitag, 22. April 2016

Spanisch für Anfänger



Als Schweizer hat man ja gewisse Vorstellungen, wie etwas organisiert sein muss. Zumindest ich habe das, als blinde Passagiere reisen diese Vorstellungen mit, unbemerkt, bis sie in einzelnen Situationen wie ein Blitz zu Tage treten. Beispiele gefällig? 

Aber gerne:
Auf der Fahrt ans Ende der Welt (Cabo de Gata) war mit dem Hausvermieter abgemacht, dass wir kurz vor Eintreffen in einem bestimmten Dorf eine Angelita anrufen. Um es noch spannender zu machen, wusste ich nur, dass sie ausschliesslich spanisch spricht. Also habe ich Angelita ein SMS geschickt (hm, mein Spanisch ist noch sehr rostig) und ihr mitgeteilt, wo wir sind. Im ersten Kreisel des Dorfes stand sie dann, eine verhutzelte, grinsende, ältere Frau zusammen mit ihrem Mann, mit dem Schlüssel in der einen und einer Kochschürze in der anderen Hand. Wir mussten mitten im Kreisverkehr stoppen, so dass sie uns beides durchs Fenster hindurch reichen konnte. Wohin des Weges nun? Mit der Hand deuteten beide in Richtung Meer. Ok, dann los. Tatsächlich nach 8 Kilometern Meer und Gebirge kamen wir tatsächlich zu einer Überbauung mit vier Häusern, und eines davon sah zufällig genau so aus wie die Bilder im Internet. Glück gehabt! Und auch ohne Worte funktioniert das offensichtlich ganz wunderbar.
Ein paar Tage später, Tatort: Mitten in Màlaga, Tiefgarage, zweites Untergeschoss. Nach einem eher erfolglosen Städtetrip (Hauptmotivation war eine brauchbare Wanderkarte zu finden, was natürlich unmöglich war) wollten wir nur noch möglichst schnell nach Hause, einziges Hindernis war nur noch das nicht entwertete Parkticket. Kein Problem, dachte ich. Während mein Mann schon mal zum Auto ging, suchte ich in der Nähe des Treppeneingangs nach einem Ticketautomaten. Und suchte und suchte, bis ich aufgab und wieder ind en Lift stieg. Zufälligerweise war im selben Lift eine Angestellte des Kaufhauses, unter dem wir geparkt haben. Ich kratzte also meine Sprachkenntnisse zusammen und fragte sie, wo ich denn mein Ticket entwerten könne. Mittlerweile waren wir schon im zweiten Obergeschoss angelangt, gleichzeitig mit der Information, dass das Ticket im ersten Untergeschoss entwertet werden muss. Aha, also wieder auf einen Lift warten, der mich nach unten bringt (gar nicht so einfach, wenn jeder zuerst in das sechste Geschoss fährt und sich dann Stock für Stock nach unten arbeitet). Zwischenzeitlich überlegte ich, meinen Mann zu informieren, bevor er einen Suchtrupp losschickt (er kennt meine Orientierungsschwäche), entschied mich aber dagegen. Erstes UG, raus aus dem Lift, durch gefühlte sieben Quergänge, da waren sie: Zwei Ticketautomaten! Mit einem glückseligen Lächeln sprintete ich darauf zu,  nur um festzustellen, dass der eine der beiden ausser Betrieb war und der andere nur Kleingeld nahm, wovon ich natürlich zuwenig dabei hatte.
Eigentlich erstaunlich, dass wenigstens EIN Automat funktionierte!
Was nun? Hinter mir hatte es einen Wartesaal, in dem man Wartetickets ziehen konnte, und ich war optimistisch, dass mir hier jemand helfen würde. Bloss dauerte die Wartezeit für die zwei Nummern, die ich abwarten musste, ungefähr zehn Minuten. Irgendwann war ich tatsächlich and er Reihe und schilderte mein Problem. Die freundliche Dame entledigte mich meines Tickets und meines (grossen) Geldscheins und ging davon. Etwas später kam sie zurück, zum Glück mit dem Retourgeld und dem (hoffentlich) entwerteten Ticket. Rechtsumkehrt schnappte ich mir den einzigen Lift, der direkt nach unten ging und fand meinen Mann, schon fast leichenblass, im Autositz hängen. Geschlagene 35 Minuten hat mich das Ticket Entwerten gekostet (und vermutlich einige graue Haare beschert sowie einige wertvolle Lebensminuten geklaut).
Diese Momente sind viel häufiger und entgrauen die Haare wieder!
Tatort Nummer drei: El Chorro, im spanischen Hinterland. Die weltberühmte Schlucht ist bekannt für ihren furchterregenden Klettersteig und ihre geologische Vielfalt. Wir fuhren da also heute hin, rechneten genug Zeit ein und waren positiv überrascht, dass der Nordeingang, über den wir hinein wollten, schon sehr früh auf der Autobahn angeschrieben war. Wir folgten brav den Wegweisern (und nicht dem Navi), in eine wunderschöne Gebirgslandschaft, schmale, kurvenreiche Strassen führten uns an einen grünen See, vorbei am bekannten „El Kiosquo“ Restaurant. Gemäss Karte (Beschilderungen hatte es längst keine mehr) befindet sich der Nordeingang der Schlucht einige Kilometer vom Kiosk entfernt, allerdings merkten wir ziemlich schnell, dass das nicht stimmen konnte. Aussteigen, einen netten älteren Herrn um Rat fragen, ihm vertrauen, Auto wenden und zurück zum Kiosk-Parkplatz. Die Zeit war bereits etwas fortgeschritten, und beim Parkplatz stand, dass sich der Eingang wahlweise 2,7 oder 1,5 Kilometer entfernt befindet (zu Fuss). Nun ja, der gesunde Menschenverstand schickte uns auf den kürzeren Weg, mit Erfolg.
Warten... und Schuhwerk studieren...
Nun muss noch erwähnt werden, dass der Klettersteig heute zum ersten Mal geöffnet war in dieser Saison, neu kann man ihn nur noch begehen, wenn man übers Internet ein Ticket für einen bestimmten Zeitraster ergattern konnte, was wir frühzeitig gemacht habe. Ausdrucken konnten wir das Ticket zwar nicht, aber immerhin hatten wir es als PDF auf dem Telefon dabei (wer hat als Tourist schon einen mobilen Drucker dabei?). Zudem wussten wir, dass die Wanderung „One-Way“ ist, man muss sich also gleich auch noch den Autobus für den Rückweg reservieren, auch das haben wir im selben Ticket gemacht. Dann begann das grosse Warten. Drei Minuten vor unserem Zeitraster (wir waren zusammen mit den anderen sechzig Personen die ersten des Tages) kam eine junge Dame angerannt, mit dem Computer unter dem Arm. Dieser sollte alle unsere Tickets einscannen, und wir wissen, dass Computer üblicherweise nicht auf Anhieb kooperieren. Auch in Spanien nicht, wie die Probe aufs Exempel zeigte. Irgendwann händigte man uns einen Helm und ein Haarnetz...
ER hatte leider die Macht über den Fotoapparat;-)
 


















...(verwirrter Blick meines Mannes) aus, und ich staunte, dass man mein elektronisches Ticket für gültig erklärte. Los gings: Wir waren an vorderster Front, strategisch geschickt, so dass die Flipflop-Träger und Daunenjacken-Besitzer allesamt hinter uns waren. Der Weg durch die Schlucht ist wirklich einmalig und äusserst beeindruckend, wunderschön!
Mit einem Klettersteig hat er allerdings so viel zu tun wie ein Zitronenfalter mit einem Elefanten, nämlich gar nichts. Am anderen Ende angelangt (nach 75 Minuten statt nach den erwarteten drei bis vier Stunden) wussten wir, dass der Bus um 12.00 Uhr zurück an der Nordeingang fährt. Dachten wir… nein, der Bus fährt eine halbe Stunde später, was auch nicht wirklich schlimm ist, auch wenn der Fahrplan etwas anderes sagt. Dem Busfahrer war das egal, für ihn war es der erste Arbeitstag (was mich ungemein beruhigte im Hinblick auf die engen, kurvigen, abschüssigen Strässchen), also bloss keinen Stress wegen einer Zahl im Fahrplan. Immer mehr Menschen sammelten sich an, so dass wir es für sinnvoll erachteten, uns erneut strategisch geschickt sehr in der Nähe des Buseingangs zu platzieren. Los ging die Beladung, wir waren erneut die ersten. Ich wies unsere gültigen elektronischen Tickets vor, wurde aber schroff darauf hingewiesen, dass er ausschliesslich Papiertickets (und zwar in dreieckiger Form) annimmt.
Egal, was auf meinem Ticket steht, entweder Dinero her oder raus aus dem Bus. Nun gut, also Dinero her und Platz. Der Bus wurde voller und voller, der Gang war von zuhinterst bis zuvorderst ebenfalls mit stehenden Passagieren voll. Die meisten allerdings wussten nicht, dass sie ganz hoffnungsvoll an den Nordeingang verfrachtet werden, dort aber ohne zuvor gekaufte Internet-Tickets gleich wieder den nächsten, überfüllten Bus zurück an den Südausgang werden nehmen müssen. Fazit: Information auf der Autobahn super, aber wirklich nützliche Information für die Gäste im tiefroten Minusbereich. Trotzdem war der Tag extrem spannend, und lustig, und kurvenreich, und steil, einfach schön!

Zur Entspannung der spanischen Organisationssituation noch Tatort Nummer vier (ich rutsche von den Tasten ab, weil ich noch immer Tränen lachen muss): Beim Hausbezug hier in Moclinejo erklärte uns der Verwalter das ganze Haus, ehe er uns unserem Schicksal überliess. Wir schlossen die Türe hinter ihm, als es schon wieder klopfte, der Verwalter noch einmal. Er habe vergessen, uns das Wichtigste zu sagen: Die Haustüre schliesse sich nämlich automatisch von aussen, also IMMER dran denken, den Schlüssel mitzunehmen, wann immer wir das Haus verlassen, respektive die Haustüre von aussen zumachen. Klar, kein Problem, dasselbe System hatten wir schon im vorherigen Haus. Er machte sich von dannen, wir gingen zurück zum Auto, um unser Gepäck ins Haus zu holen. Die obligate Frage an meinen Mann: Hast du den Schlüssel? „Ja, hab ich.“ Klick, die Türe fällt hinter uns ins Schloss, wir gehen zum Auto und laden aus. Mein Mann: „Wo hast du den Schlüssel?“ Ich: „Den hast doch du, ich hab dich ja gefragt!“ Er: „Nein, ich habe nur den Autoschlüssel!“. Wir haben es also geschafft, uns knappe zwei Minuten nach der Ermahnung des Hausverwalters auszuschliessen. Mein Mann setzte sich kurz auf eine etwas abgelegene Bank, ich vermute, um laut zu Fluchen. Ich musste mich zuerst von meinem Lachanfall erholen, bevor ich unsere Situation als nicht optimal, aber auch nicht als schlechtestes Szenario einordnen konnte. Immerhin hatten wir glücklicherweise das Telefon meines Mannes dabei, und unsere „Reisebibel“ mit allen Telefonnummern der Hausverwalter. Ich rief ich also noch immer lachend an, erreichte ihn aber nicht. Nun ja, der wird am Auto Fahren sein. Also setzten wir uns an den Schatten und erinnerten uns an das kühle Bier, das wir noch im Auto hatten.
Klar, das Haus ist auch von aussen schön;-)
Wir genossen den Ausblick aufs Meer, den Schatten, unser neues Zuhause, halt einfach von aussen statt von innen. Irgendwann, deutlich viel später, nahm der Verwalter dann Kontakt mit uns auf. Er könne auf keinen Fall den Ersatzschlüssel bringen, auch wenn er das gerne tun würde (was wir ja auch gar nicht erwarteten), denn er erwarte eine Möbellieferung. Dann holen wir doch den Schlüssel bei ihm, auch kein Problem, schliesslich sind wir ja total selber Schuld an unserer Misere. Leider erwartete der Verwalter seine Lieferung nicht im Dorf unterhalb unseres Hauses, sondern ganz unten an der Küste. Konsequenz: Noch einmal ins Auto steigen, zehn lange, kurvige, unübersichtliche Kilometer an die Küste fahren und dort den Ersatzschlüssel abholen (und das nach einem langen Autofahrtag). Aber ja, wir haben aus der Situation gelernt und einen Schlüssel gelegt (pssst, nicht weitersagen!!).
 
Weitere Impressionen:
Erste selbst gekochte Paella meines Lebens, mmh...
Abendstimmung im Paradies
Adler, fünf an der Zahl, einen im richtigen Augenblick erwischt...
 

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