Donnerstag, 26. November 2015

Schlafsack oder Tippsack?

Warum heisst es eigentlich Schlafsack? Dieser Begriff ist zumindest in meinem Fall (also im Fall meines Schlafsacks natürlich) überhaupt nicht zutreffend. Ein paar wenige Male wurde er zwar als solcher genutzt, aber die steigende Anzahl grauer Haare verhält sich umgekehrt proportional zur Anzahl Nächte, die ich im Schlafsack verbringen möchte. Ähem, oder anders herum? Ich hatte in Mathe leider einen Fensterplatz, also eigentlich sass ich im Freien.
...ungefähr so fühlt sich das an mit den grauen Haaren...
Egal, ich habe die ersten 25 Jahre meines Lebens so oft im Schlafsack übernachtet, dass meine durchschnittliche Schlafsack-Übernachtungszahl noch immer diejenige meiner Mitmenschen übertrifft, selbst wenn ich 90 werde. Bei meiner ersten Schlafsackübernachtung war ich übrigens ganze drei Wochen alt, ich frage mich noch heute, wie meine Eltern mich je wieder gefunden haben in dieser Zweimeter-Daunentüte.

Jedenfalls kommt mein Schlafsack zurzeit wöchentlich mindestens einmal zum Einsatz, und zwar während der Arbeit. Nein, natürlich nicht, weil ich berufshalber Schlafsacktesterin bin, und nein, auch nicht, weil ich während der Arbeit einschlafe (glaube ich zumindest).

An jenen Tagen, an denen ich Zuhause arbeite, wird mein Schlafsack kurzerhand umgenutzt zu einem Tippsack. Nicht weil ich den Schlafsack sonderlich vermisse oder weil es bequem wäre, im Schlafsack auf dem Bürostuhl zu sitzen (ist es nämlich nicht, und gefährlich noch dazu), sondern schlicht deshalb, weil es in meinem Büro eiskalt ist. Möchte ich keine blaugefrorenen Zehen, setze ich mich halt in meine Sitztüte, die ja ursprünglich als Schlafsack erworben wurde.


Aufpassen muss ich nur dann, wenn ich rasch aufstehen möchte und zu spät realisiere, dass meine Füsse da noch feststecken, oder wenn ein Teil des Schlafsacks unter die Bürostuhl-Räder gelangt. Bisher konnte ich Schlimmeres verhindern und gebe mir Mühe, immer schön brav aufzupassen, bevor ich aufstehe. Irgendwie gibt mir der Schlafsack halt immer noch ein wohliges Gefühl, wenn ich ganz ehrlich bin (das liegt wohl weniger an meiner Arbeit als an meinen in ausreichenden Mengen vorhandenen Camping-Genen).
...DAS ist DIE Erkenntnis, dass nicht alle alles gleich machen...

Freitag, 20. November 2015

Wie passend!

Ich sitze im Wohnzimmer und höre genussvoll zu, wie die Regentropfen an die Scheiben klopfen. Der Wind hat mittlerweile alle Bäume und Büsche von den Blättern befreit, und dank den starken Böen hat er die Blätter nicht nur heruntergewindet, sondern gleich auch aus unserem Garten befördert. Das mühsame Zusammenklauben bleibt uns daher erspart. An das Geräusch von Regentropfen musste ich mich erst mal wieder gewöhnen, ich erinnere mich nämlich nicht mehr an den letzten ausdauernden Regen.



Das bevorstehende Wochenendwetter lockt mich keine Sekunde aus der Reserve. Ich bin überhaupt nicht versucht, auch nur einen einzigen Schritt nach draussen zu machen (sobald unser Kühlschrank nicht mehr einer Höhle gleicht). Ferienplanung ist bereits beendet, das ist sonst immer unser Schlechtwetterprogramm. Daraus wird nun nichts, es sind also Alternativen gefragt, denen es an Frischluft mangelt.

Lego spielen? Wäre mal wieder was, aber ist etwas schwierig ohne Legosteine. Ein Buch lesen? Da schnarcht mein Mann schon beim blossen Gedanken an die erste Seite. Ins Hallenbad? Ist erstens viel zu nass und zweitens erfordert es einen Schritt nach draussen. Ein 5-Gang-Menu kochen? Ja, ist eine zweite Überlegung wert. Adventskalender-Geschenke einpacken? Das macht mir schon fast etwas viel Druck, wenn ich daran denke, wie schnell 1. Dezember ist, aber das kann ich nur dann machen, wenn ich alleine Zuhause bin.

Also eben doch unser zweites Lieblingsprogramm nach Ferienplanung: Bauen! Unser Keller ist nämlich zurzeit gut gefüllt mit Holz. Und zwar nicht Brennholz, sondern richtig schönes finnisches Sauna-Holz. Leider liegt es da erst in Balken- und Bretterform, nicht zugeschnitten und ohne Bastelanleitung. Die Ladung wurde vor einer Woche angeliefert, satte 750 Kilogramm Holz inklusive Sauna-Ofen. 
...nein, das ist noch nicht alles...
Ich habe noch immer Muskelkater vom Holz-in-die-Garage-Schleppen, man denke nur an unsere weltrekordverdächtig steile Einfahrt. Dann addiere man noch das lädierte Knie meines Mannes sowie fehlende Kondition, und subtrahiere die Mithilfe unserer Nachbarin, und schon hat man eine Vorstellung meiner körperlichen Verfassung.
Es stehen uns also zwei Regentage im Untergeschoss bevor, an denen wir schrauben, sägen, messen (in umgekehrter Reihenfolge, bitte), Pläne aufzeichnen, von vorne beginnen und grösstenteils Freude an der Arbeit haben. Ich bin jedoch überzeigt, dass unser Fluch-Sparschwein mit einem gut gefüllten Bauch aus der ganzen Geschichte hervor geht. An vorderster Schimpf-Front steht wohl die Idee, dass unsere Sauna einen Sternenhimmel bekommen soll.

60 kleinste LED-Leuchten werden in die Holzdecke eingebaut, dafür muss allerdings zuerst ein Sternbild aufgemalt werden. Dann bohren wir 60 Löcher und versuchen bei zwei Zentimeter Deckenfreiheit die 60 Lämpchen einzusetzen. Ich stelle mir das äusserst herausfordernd vor, und ja, ich werde wieder einige Schimpfwörter dazulernen.
Wir sind aus meiner Sicht gut vorbereitet, Profi-Werkzeug steht bereit (Erwin sei Dank), die Pläne hängen an der Wand, unsere Daumen sind weder platt noch blau und der Geist (und Körper, zumindest bei den einen) noch frisch. Die Lungen sind noch frei von Sägemehl, das Holz noch nicht an der falschen Stelle auseinandergesägt, die Anzahl Schrauben stimmt, die Kellerlampe ist geflickt und das Sparschwein noch leer. Wie es wohl aussieht bis am Sonntagabend?



Montag, 16. November 2015

Es weihnachtet sehr



Es weihnachtet sehr, auch wenn es draussen noch warme 18 Grad hat. In den Läden hängt seit Wochen die Weihnachtsdekoration, in der Marktgasse in Winterthur ist die Weihnachtsbeleuchtung bereits startklar, nur ich bin noch weit weg von einer weihnächtlichen Stimmung.


Nachbars sei Dank aber kann meiner fehlenden Stimmung Abhilfe geschaffen werden. Heute nach dem Abendessen nämlich, als ich nichts ahnend die Teller in die Küche zurückgetragen habe, schimmerte ein starkes blaues Licht durch die Eingangstür (irgendwie erinnerte es mich spontan an das blaue Präventions-Licht, das in öffentlichen Toiletten das Fixen verunmöglichen soll). Leicht irritiert deponierte ich das Geschirr auf dem Herd und öffnete die Türe, um dem seltsamen Licht nachzugehen. Tatsächlich, die Nachbarn haben Weihnachtsdeko aufgehängt! Und nicht nur aufgehängt, nein, sie ist auch schon voll in Betrieb!
Ich bin noch immer sprachlos, und gehe davon aus, dass ich die kommenden sieben Wochen im Schlafzimmer kein Licht mehr brauche, sprich, dass wir massiv Strom sparen können.



Seltsam, wie zwar diese Beleuchtungen immer mehr als energiefreundliche LED-Lichter daherkommen, aber sparen wir wirklich Strom, wenn wir die Weihnachtsbeleuchtung dafür statt vom 1. bis 24. Dezember nun von Mitte November bis Mitte Januar durchgehend aktivieren? Ich bin äusserst versucht nachzufragen, ob die Kinder denn nun auch einen sieben Wochen dauernden Adventskalender bekommen? Denn das wäre ja nur konsequent und fair, nicht wahr? Selbstverständlich werde ich nicht fragen, ich bin ja schliesslich froh, dass die Beleuchtung nur schlicht blau schimmert und nicht im Sekundentakt die Farbe wechselt und Blitze versprüht (alles schon vorgekommen hier in Wiesendangen). Zudem ist mir ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis wichtig.


Bin ich böse mit meinen Bemerkungen zur Beleuchtung? Ja, natürlich. Andererseits habe ich tatsächlich immer weniger Verständnis für die immer länger werdende Vorweihnachtszeit, die mittlerweile Spätsommer-Frühherbst-Mittelherbst-Spätherbst-Frühwinter-Vorweihnachts-Adventszeit-Neujahrszeit heissen müsste. Und während wir das ganze Jahr über von Energiesparen reden, geht in dieser Zeit jeweils alles wieder vergessen. Es gibt Statistiken, die aufzeigen, wieviel Energie während der Weihnachtszeit für Beleuchtung verwendet wird, und ich traue mich nicht wirklich, sie mir genauer anzusehen, weil ich danach garantiert Alpträume hätte. 
Ich muss sagen, dass ich das NICHT gewusst habe. Muss mir nun ernsthaft Gedanken über mein
intensives Verhältnis mit Mister Guugel machen. Hätte ich bloss nicht geguugelt!
Natürlich gehöre ich selber genauso zur „Ach-wie-schön-sind-Lichter-doch-wenn-es-draussen-dunkel-und-kalt-ist“-Gruppe, aber ich versuche das auf ein Minimum zu beschränken. Merry Christmas and happy New Year! Äh, äxgüsi, natürlich Happy Herbst…
...das wäre dann die wirklich coole Alternative...

Donnerstag, 12. November 2015

Ach du lieber Zahn!

Nach meinem frühmorgendlichen Besuch bei der Dentalhygienikerin (das klingt ausgeschrieben ausgesprochen scheusslich, DH ist da doch schon viel freundlicher) frage ich mich ernsthaft, ob ich allenfalls leichtgläubig bin. Blauäugig ja, seit knapp 40 Jahren, aber leichtgläubig? Es ist zu befürchten…
Als Kind wurde uns doch täglich eingetrichtert, unsere Zähne gut und mindestens dreimal pro Tag zu putzen, was wir auch brav gemacht haben im Wissen, dass einmal pro Woche die Zahntante in die Schule kommt. Bei ihr mussten wir mit Elmex-Gel (noch heute schaudert mich die Erinnerung an jenen Geschmack) eine Zahn-Zusatzreinigung einlegen, hübsch aufgereiht (wir, nicht die Zähne) auf dem Bänkli in der Garderobe der Turnhalle.

Bis zum heutigen Tag habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich mein Gebiss nicht dreimal täglich reinige, so infiltriert bin ich aus meiner Kindheit. Kurz nachdem ich lesen (und verstehen) konnte, warnte man mich in diversen Zeitungsartikeln davor, die Zähne zu heftig zu putzen, oder mit einer zu harten Zahnbürste, oder mit zuviel Druck, oder mit der falschen Zahnpasta mit zuviel Weissmacher drin. Und NIEMALS darf man die Zahnseide vergessen,  NIEMALS, oder die Zähne fallen auf der Stelle aus (womit sich bei genauerem Nachdenken das mühsame Zahnseidelen erübrigen würde).
Zurück zu meiner DH-Dame, die übrigens ganz nett war: Was hat die doch an meinen Zähnen herumgeschraubt! Und zwar nicht mit Kunststoff- oder Holzgeräten, sondern knallhart mit Metallwerkzeug. Das hat gekratzt, geschabt, gequietscht, gehackt, gesägt, gehobelt und gejault. Diese Geräusche bescherten mir eine stündige Ganzkörper-Hühnerhaut und ein Dauer-Zwiegespräch mit meinem Zahn-Schutzengel. Dies nach all den Ermahnung aus der Kindheit, doch sanft mit meinen Zähnen umzugehen! Wäre mein spontanes, zahnlaienhaftes Urteil hier erwünscht, müsste ich sagen, dass diese Behandlung das pure Gegenteil von schonend war.

Die Tortur endete nach exakt 60 Minuten, wobei ich davon ausgehen muss, dass mein Unterkiefer gegenüber meinem Oberkiefer massiv vernachlässigt wurde (oder je nach Sichtweise geschont), denn für den zuerst malträtierten Oberkiefer benötigte die Dame 34 Minuten, weshalb nach Adam Riese für den Unterkiefer nur noch läppische 26 übrig blieben.


Mit frisch abgeschabten Zähnen, die vollgepflastert sind mit einer seltsamen weissen Pfefferminzmasse, erhole ich mich jetzt langsam wieder vom eher unsanften Tagesbeginn. Immerhin sind meine Zähne so gesund, dass ich erst in zwei Jahren wieder antraben muss, hallelujaaaahh! Und dann kommen ja schon bald die Dritten…

Sonntag, 8. November 2015

Haussafari



Am Wochenende waren wir als Hausverkäufer tätig, respektive als Haussafari-Guide. Auf diesen Einsatz habe ich mich gefreut, als geborene Gwundernase war ich nämlich gespannt, wer da so alles kommt, herumschaut, fragt, wer eher die Aussicht schätzt oder wer sich mehr auf die Anzahl Zimmer konzentriert (man könnte übrigens eine Sozialstudie über das Verhalten der Menschen an Hausbesichtigungen machen).

Unter den Interessenten waren überdurchschnittlich viele sehr junge Paare, die meisten noch kinderlos. Die meisten waren auch überdurchschnittlich freundlich (nun gut, sie wollten schliesslich alle Eindruck machen, so dass sie eher berücksichtigt werden bei der späteren Auswahl. Dass wir das gar nicht entscheiden können, wussten sie nicht). Fünf dieser Interessenten-Parteien hinterliessen tatsächlich einen sehr guten, bleibenden Eindruck (trotz der doch eher grossen Menge an Menschen, die durch das Haus schlichen, an jede Wand klopften, Fotos von jedem Zentimeter machten, schon Umbaupläne wälzten oder auf die Mängel hinwiesen).

Zwei Familien hinterliessen ebenfalls einen bleibenden Eindruck, allerdings einen schlechten. Die eine Familie kam mit ihren beiden Kindern, die schon gelangweilt waren, als die Eltern an der Türe klingelten. Danach rasten sie unkoordiniert zwischen Garten, Wohnzimmer und Küche hin und her, rissen die Gänseblumen aus, streuten Blätter auf den Teppich und verunmöglichten jegliche Kommunikation. Wir staunten ob der liberalen Eltern und waren froh um den staubtrockenen Boden im Garten, so hielten sich die Flecken auf dem Teppich in Grenzen. Wäre es draussen nass gewesen, hätten wir wohl ein Schild angebracht: „Kinder müssen draussen bleiben“.


Die andere Familie betrat das Haus, und keine drei Sekunden später steckte der ältere Sohn bereits seine Finger in die Steckdose. Gefühlte sieben Sekunden später hing er auf dem Balkongeländer, kurz darauf kletterte er in Richtung Dachboden. Dann fand er im Garten einen dürren Ast, mit dem er seinem jüngeren, noch kriechenden Geschwister versehentlich ins Auge stach. Uns war rasch klar, warum die beiden so viele Kratzwunden hatten, allerdings wunderten wir uns auch, dass der ältere doch immerhin ca. 7 Jahre alt war und es bis dahin überlebt hat. Und erst noch ohne Gips unterwegs war.

Wir atmeten erleichtert auf, als besagte Familie ihre glücklicherweise unversehrten Kinder wieder im Kindersitz festzurrte und von dannen zog. Nach acht Stunden Hausführungen und vielen interessanten, lustigen, anstrengenden, ärgerlichen und scharwenzelnden Diskussionen freuten wir uns dann doch ziemlich auf die verdiente Stunde im Liegestuhl, bei zwanzig Grad im November, was will man mehr?