Montag, 27. Juli 2015

Winter oder was?



Nun ja, als wir am ersten Ferientag losfuhren, litt ich in Lörrach Höllenqualen während wir auf den Autozug nach Hamburg warteten. Bei 38 Grad befürchtete ich, dass mein letztes Stündlein geschlagen hat und freute mich wie ein kleines Kind darauf, endlich meine Füsse in die kalte Dusche zu halten (ja, wir buchten Kabine inklusive Dusche/WC). Dann aber folgte der grosse Frust: Die DB schickte uns einen uralten Schlafwagen, zwar mit Dusche/WC, jedoch ohne Wasser (was nützts also? Nix, genau...). 

Jetzt, mittlerweile in Südschweden an einem einsamen See mitten im Wald, hat es 12 Grad, nicht ganz Dauerregen und die Sonnencrème liegt depressiv zuunterst in der Reisetasche. Ich freue mich trotzdem, denn wer hätte je gedacht, dass ich im Hochsommer froh bin um ein Cheminée-Feuer?
Die Aussicht aus unserem Wohnzimmer ist sensationell, auch wenn mein lieber Mann sich beschwert, dass es doch mit Sonnenuntergang (oder -aufgang oder generell einfach mit Sonne) deutlich viel schöner wäre.
Wir haben Zeit unsere Fotos zu sortieren, Reisepläne für die nächsten Ferien zu schmieden (hier haben wir genug Platz, die Landkarte auf Tischhöhe auszubreiten, zu Hause müssen wir auf dem Boden kniend darüber brüten), Blogs zu schreiben oder ganz einfach auf den See zu schauen. Und vielleicht den einen oder anderen Elch zu erschrecken?

Auf jeden Fall sind wir froh, dass wir überhaupt unser Haus gefunden haben und nicht die Notschlafstelle in Vaggeryd beanspruchen mussten. Eine Adresse gibt es nicht, unser GPS machte schlapp, dem Smartphone ging der Strom aus und?? Tatsächlich ging gleichzeitig auch noch der eingebaute Kompass unseres Autos in die Knie. Was wir leider nicht bemerkten, weil die Sonne nicht schien, sonst hätten wir wohl schnell festgestellt, dass wir nicht nach Süden, sondern direkt nach Norden unterwegs sind. Irgendwann kam mir der Vergleich mit unserer Karte und den Autobahnausfahrtsnummern spanisch vor (was in Schweden gar nicht gut ist) und wir gingen noch einmal genau über die Bücher. Tatsächlich lotste uns der Kompass 180 Grad in die falsche Richtung, bei Nicht-Sonnenschein! Da musste also vieles stimmen, dass uns das passieren konnte.
Nach einigen Stunden Fahrzeit und den letzten 4 Kilometern im tiefen Schlamm fanden wir unser Zuhause, wunderschön ruhig, modern, perfekt möbliert, mit äusserst freundlichen Gastgebern, die nicht weit von uns wohnen und doch weit genug, um sich alleine zu fühlen. Kein einziges Haus, keine einzige Lampe sehen wir von uns aus, einfach nur Ruhe, Wald, See... Schweden eben.

Freitag, 24. Juli 2015

Fertig Rapunzel...



Fertig Rapunzel, und die Runzeln wurden weniger (vergleiche letzter Blog)! Der Aufenthalt im Wasserturm war definitiv denkwürdig, nicht nur der Wadenmuskeln wegen. Obwohl, diese wurden täglich mehrmals trainiert, und wer zu wenig voraus denkt, keucht noch ein paar Mal mehr die Treppen hinauf und wieder hinunter (da lachten mich diese beiden oft laut aus...).

Denkwürdig war der Turm natürlich vor allem seiner selbst wegen. Noch nie hatten wir eine Ferienunterkunft, die uns auf allen Ebenen zusagte. Mit der Liebe zum kleinsten Detail umgebaut, den schwierigen Grundriss optimal ausgenützt, die Beleuchtung und Beschallung perfekt geplant, die Küche klein, aber auch für Gericht mir mehr als 2 Töpfen geeignet, absolute Ruhe in der Nacht (und tagsüber sowieso), im obersten Stock 360-Grad-Panoramablick bis an den Horizont (den wir uns in Wiesendangen so gar nicht vorstellen können, da meist schon Nachbars Hausmauer da steht).

Und nun mit zwei weinenden Augen wieder unterwegs, aber eins davon lacht auch schon wieder, wir sitzen nämlich auf der Fähre in Richtung Norden. Nun ja, das Thema Wetter sollte ich jetzt wohl bleiben lassen, denn ich bin heilfroh, nicht in der kochend heissen Schweiz zu sein, aber nach der Konsultation des Wetterberichts für Südschweden ist die Laune meiner besseren Hälfte etwas getrübt bis quasi nass. Regen und 13 Grad sollen uns nächste Woche begleiten. Was solls, Regenhut auf, Regenhose montiert, und ab ins Freie (oder aufs Sofa, ein gutes Buch und ein Glas Wein… hm, oder ein Glas Wasser? Ja nach Dauer der Schlechtwetterphase könnte das Glas Wein gepaart mit ohne Bewegung allenfalls negative Folgen haben).
(dieser Engel hatte wohl schon etwas zuviel Wein?? Zu finden in einer wunderschönen Kirche in Lüdingworth, mit einer bemalten Holzdecke und einer Orgel, die ihresgleichen sucht...)
Jetzt freuen wir uns aber erst mal auf eine Nacht mitten auf dem Meer, auf die Reise weiter nach Norden im gemütlichen Zimmer im obersten Stock, noch mit Blick auf Kiel, aber bald nicht mehr. 

Impressionen Nordsee: 




Donnerstag, 16. Juli 2015

Rapunzel einmal anders



Daran habe ich zu spät gedacht… Haarverlängerung! Denn wer in einem Turm wohnt, sollte doch für den Prinzen sein Haar herunter lassen können. Nun ja, ich ändere das Märchen kurz ab, so dass es für mich passt: Rapunzel, lass dein Haar herunzel! An Runzeln mangelt es zurzeit nämlich nicht, die würden locker bis zum Prinzen reichen.

Wie die meisten Binnenländerinnen und Binnenländerer (oder so?) zieht es uns ans Meer. Nicht in den Süden, sondern in den hoffentlich kühleren Norden, und genau genommen nicht einmal ans Meer, sondern ans Süsswasser. Wir ziehen nämlich in einen Wasserturm in  Norddeutschland. Ob da Schwimmhäute zwischen den Zehen gedeihen? Hoffentlich nicht, gemäss Website ist er nämlich mittlerweile ausgebaut und als Ferienturm nutzbar. Wir lassen uns ganz einfach überraschen.
 
Anstrengend könnte es werden, nicht des Wassertretens wegen, sondern weil sich die gesamte Wohnfläche auf vier Etagen verteilt. Auf jeder Etage hat es ein Zimmer, respektive die Küche, das Bad oder eben das Wohnzimmer. Und ganz oben mit einem 360-Grad-Panorama-Blick das Sch(l)afzimmer. Hier werden wir ausnahmsweise nicht Schafe, sondern Sterne zählen (wenn es dann nicht immer bewölkt ist). Nach diesem Norddeutschland-Aufenthalt haben wir vom vielen Treppensteigen wohl Waden wie Profi-Radfahrer, was auch nicht ganz falsch wäre.





Wir sind gespannt, erst mal steht eine Nacht im Autozug bevor, auf die ich mich schon jetzt freue (WENN der Zug dann hoffentlich klimatisiert ist).


Donnerstag, 9. Juli 2015

Vergelts Gott!



Bei den zurzeit herrschenden Temperaturen läuft die Fabrik in meinem Kopf wieder wie geschmiert. Nicht nur darüber bin ich sehr froh, sondern auch um die etwas kühleren Nächte, in denen man endlich wieder die Decke über den Kopf ziehen kann. Mal ganz abgesehen davon, dass man wieder genüsslich im Garten sitzen und ein Glas Rotwein trinken kann, ohne gleich beschwipst vom Holzdeck zu fallen oder aus voller Kehle den Ententanz zu singen. (Ich bezweifle zwar, dass unser Ruf bei den Nachbarn noch zu ruinieren ist. Und kann man eigentlich einen Tanz singen? Egal…)


A propos Enten: Weiss jemand von euch, ob Vögel schwitzen, wenn es so heiss ist? Sie sitzen auffallend oft in unserem Brunnen, nicht auf dem Rand wie üblich, sondern beim Ablauf. Dort sitzen sie dann und nehmen ein Vollbad, was ziemlich amüsant aussieht. Weniger amüsant ist hingegen, dass sie mittlerweile  so zahm sind, dass sie sogar unsere Liegestühle in Beschlag nehmen.

Gartenzeit beschert einem aber nicht nur Vögel im Wasser, sondern auch ganz spontane Begegnungen. Letztens sassen wir bei besagtem Glas Wein, vertieft in die Ferienplanung (meine Lieblingsbeschäftigung, also die Ferienplanung), als uns eine mittelalterliche rothaarige Frau mit Hund von der Strasse her zurief. Sie machte einen eher konfusen Eindruck, während sie erzählte, dass sie ihre Freundin suche, die an der Stationsstrasse 4 wohne. Natürlich hatte ihr Handy keinen Strom mehr, und sie irre seit einer halben Stunde an der Stationsstrasse herum und finde die Nummer 4 nicht.

Tatsächlich existiert weder die Nummer 4 an der Stationsstrasse noch die Freundin im telsearch.ch. Weil guter Rat teuer, die Dame sehr sympathisch und der Hund namens Paulus lustig waren, nahmen wir die beiden bei uns auf. Wir hängten das energielose Telefon an den Strom und flössten der Dame ein Glas Wein ein, was diese erstaunlicherweise dankend annahm. So ergab sich ein spannendes Gespräch über Gott und die Welt, die Dame war nämlich Theologin und macht als Diakonistin Jugendarbeit im Kanton Thurgau.

Dass da das Thema Kirche und katholisch/evangelisch nicht lange auf sich warten lässt, war zu befürchten. Ich schwebe seit Jahren im gläubigen Nichts, weshalb ich diese Diskussion wirklich nicht vertieft führen wollte. (Vor allem nicht mit einer Theologin, das wäre zu komplex für einen späten Mittwochabend.) Paulus sei Dank wechselte das Thema zu Hunden und Kindern und was sonst noch Spass macht, bis sich die Dame und der Paulus dann erneut auf die Suche nach besagter Freundin machten, mit der richtigen Hausnummer im Kopf und nicht ohne ein herzliches „Vergelts Gott!“. Und zwar mit dem (etwas leiseren, aber umso vielsagenderen) Nachsatz in meine Richtung: „Für die einen ganz besonders…“. Nun ja, eine Spur schlechten Gewissens hat sie ganz eindeutig hinterlassen, auch wenn sie mir dabei zugezwinkert hat.