Donnerstag, 31. Juli 2014

So ein Käse!



Unsere Feuerstelle am Ränken
Gestern Abend war einmal mehr Grillen am See angesagt. Das immer schöne Wetter erstickt sämtliche Gedanken an einen heissen Backofen oder Kochherd im Keim, einziger Ausweg aus dem Futter-Dilemma ist also ein Open-Air Picknick. Der Wind unten am Ufer und die omnipräsente Gelegenheit zum kühlen Bad machen das Holzsuchen, Anfeuern, Grillrost Ausbalancieren, Finger Verbrennen und Getränke Transportieren erträglich bis angenehm (ok, Brandblasen an den Fingern mal ausgenommen).

Mein Fleischkonsum hält sich seit Langem sehr in Grenzen, weshalb ich mir für die dank des ewig heissen Wetters steigende Anzahl unserer Grillabende etwas einfallen lassen musste. Gemüse und Kartoffeln gehören bereits zum Inventar, Fisch ebenfalls, also bleibt noch Fleischersatzprodukt (was ich hier noch nicht gefunden habe) oder eben Halloumi. Halloumi ist ein neues Wort in meiner Wortschatzkiste, 
Halloumi in der Wortschatzkiste, verlorenes Komma vermutlich verfeuert.

Eberhard sei Dank (siehe ungefähr vorletzter Blog, Eberhard war der aussergewöhnliche Deutsche, der vor uns auf die Knie ging;-)). Halloumi ist tatsächlich nicht nur eine Worthülse, sondern ein griechischer Käse, der sich hervorragend zum Grillen eignet. 


Die Vorstellung, etwas Fondueähnliches einigermassen elegant vom Grillrost entfernen und auf den Teller manövrieren zu müssen, war zu Beginn gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Tatsächlich jedoch schmeckt der Grillkäse sehr gut, und lässt sich, man höre und staune, zwischen Feuer und Tisch transportieren, ohne dabei einen Hauch von einer gemütlichen Fonduerunde zu verbreiten. Dies also meine Option, wenn Fleisch, Fisch und Fleischersatz schlicht und ergreifend langweilig werden oder nicht vorhanden sind.
Ein ganz grosser Nachteil hat dieser Käse allerdings: Er quietscht unüberhörbar zwischen den Zähnen. Bei jedem Biss habe ich das fast unmenschliche Verlangen, mir WD-40 zwischen die Kiefermuskulatur zu sprayen, oder den Halloumi doch fondueartig so lange zu braten, bis er zwischen dem Rost hindurch ins Feuer schmilzt und mich so dem drohenden Tinnitus entkommen lässt. Ob es allenfalls an meiner persönlichen Kaubewegung liegt? Vielleicht existiert da draussen im WWW eine Kreatur, die Halloumi geräuschlos (oder wenigstens geräuscharm) verspeisen kann? Falls ja, Hinweise bitte an diese Mailadresse, herzlichen Dank. 

Ich stelle mich jetzt trotz noch immer hoher Temperaturen in die Küche und bastle Spaghetti à la Minute (äh, Manu). Als Ausgleich zum gestrigen Quietschkäse nicht al dente, sondern ganz fürchterlich weichgekocht, so dass man nur das typische Schlabbergeräusch von zu weich gekochter Pasta hören kann, en Guete!

Sonntag, 27. Juli 2014

Dichtestress? Paradies gefällt mir besser



Dichtestress ist hier in Värmlands Län, wenn man im Rückspiegel nicht kein, sondern ein Auto sieht, und wenn dieses dann auch noch einen Anhänger hat oder auf mehr als 100 Meter Distanz heranfährt, wird es schon fast unanständig. 

Wir sind heute von unserem Baustellenzuhause weitergezogen in Richtung Westen, nahe Oslo, aber noch immer in Schweden. Der zehn Kilometer lange Ränken, unser neues Daheim, hat es doch immerhin auf die Landkarte geschafft, was viele kleinere Seen hier nicht schaffen (unvorstellbar, die Anzahl Seen hier, ich staune nach wie vor und freue mich immer wieder an jedem noch so kleinen Teich, der mir über den Weg läuft). 

Unsere neue Bleibe hat nicht etwa eine Adresse, sondern nur Koordinaten. Ich war leicht beunruhigt, weil unser Navi nicht mit Koordinaten umgehen kann. Unser Vermieter hat mich insofern beruhigt, als dass wir die ersten Gäste wären, die das Haus nicht fänden. Zudem hat er noch einige Fotos zur Orientierung geschickt - ab dann, wenn man die "richtige" Strasse verlässt. Das war ziemlich hilfreich, denn sobald die grosse Strasse nicht mehr da ist, steht man im Wald. Einsam und verlassen auf Kiesstrassen, ab und zu mal eine grüne Tonne am Strassenrand, die verrät, dass irgendwo im Dickicht doch noch Menschenleben sein könnte.

Nun sitzen wir hier, einmal mehr ist Paradies ein zu wenig starkes Wort. Das Haus ist zugegebenermassen für zwei Personen seeehr gross, das echte Ausmass war uns allerdings bei der Buchung nicht bewusst. Der Balkon ist im ersten Stock mit Blick auf den Ränken, bequemen Gartenmöbeln, die mich sofort dazu verleiteten, die erste Nacht draussen zu schlafen (da noch immer mückenfrei) und einem grossen Gartensitzplatz. Unmittelbar vor dem Haus liegt der grosse See mit dem malerischen Badeplatz (auf echt schwedisch heisst das badplats, und das Tretboot heisst trampbot, wirklich eine manchmal schon fast comicartig anmutende Sprache, die mich äusserst fasziniert). Der Sandstrand und die geschliffenen Felsen bieten, ausgestattet mit einer Yoga- und/oder Hängematte, eine gute Schlafgelegenheit.

Was mehr? Ruhe, Ruhe, und noch einmal Ruhe. Das im Halbtagestakt vorüberziehende kleine Boot ist eine willkommene Abwechslung, auch das Zirpen der Grillen oder das Flirren einiger kleiner Hummeln. Das Thema Schlangen verdränge ich, mein Blick bleibt hängen an der wunderschönen Wiese vor unserem Haus, daraus sind Träume gemacht, da bin ich mir ganz sicher. 

Der perfekte Ort für ein Bad im angenehm temperierten Wasser, der perfekte Tag für ein abendliches Feuer, der perfekte Abschluss einer bisher einzigartigen Schwedenreise. Ich bin unendlich froh, dass wir hier noch zwei ganze Wochen bleiben dürfen, bevor es dann endgültig (aber immer noch gemächlich) in Richtung Schweiz zurückgeht. Glück? Ja, hier ist es zu finden…
Unsere zwei bereits auf Seetauglichkeit getesteten Fahr- oder besser Ruderzeuge

Donnerstag, 24. Juli 2014

Wasser (glücklicherweise nicht von oben)



Schweden wird langsam aber sicher zu meiner Lieblingsdestination, mal abgesehen von den Temperaturen (dazu dann später). Obwohl ich so ziemlich das Gegenteil einer Wasserratte bin, liebe ich die vielen grossen und auch etwas kleineren Seen, über die man hier fast im 10-Meter-Takt stolpert. 


Heute waren wir mit unseren Mountainbikes unterwegs, damit sie auch mal wieder etwas frische Luft und Bewegung bekommen, die ärmsten. Ab durch herrliche Waldlandschaften, etwas hügelig (das ist nicht unbedingt mein Lieblings-Terrain, aber hier gibt’s ja keine richtigen Berge), und wohin das Auge reicht Seen. Meist sind die Ufer komplett unbewohnt, allenfalls steht irgendwo versteckt ein hübsches Schwedenhaus, mit Steg und Ruderboot, wie im Bilderbuch.


Die Wälder hier sind von ganz besonderem Reiz: Nicht nur flächendeckend grün, sondern mit einem Waldboden, der mich immer wieder staunen lässt. Dicke Moose übersäen die Erde, die Steine, die alten Baumstrunke, es riecht abwechslungsweise nach Walderdbeeren, Pilzen oder Birkenholz. Wir haben Falken auf der Mäusejagd beobachtet, und Entenfamilien bei der Erziehungsarbeit. Paradiesisch und unvorstellbar ruhig, heute sind wir auf der ganzen Tour nicht einer einzigen Menschenseele begegnet. Für Schweizer Verhältnisse und in Anbetracht der Hochsaison, die hier herrschen soll um diese Zeit, ein absolutes Wunder und einfach nur ein ganz grosser Genuss.


Nun noch kurz zu den Temperaturen, die mein Paradies ein wenig trüben: Das ganz grosse Wetterglück begleitet uns seit unserer Abreise in der Schweiz, immer nur Sonne und ein paar wenige der typischen Schweden-Wolken am Himmel. Mittlerweile jedoch herrschen hier gefühlte 40 Grad (ok, leicht übertrieben, aber wer mich hier sitzen sieht mit tomatenfarbigem Gesicht glaubt mir aufs Wort), laut Wetterbericht sind es „nur“ 30. Die Sonne hat viel mehr Kraft als in der Schweiz, es fühlt sich an als würde sie die Haut schmoren. Wenn ich nicht wüsste, dass man in einem Backofen nicht Velofahren kann, hätte ich mich heute einen Grossteil der Bike-Tour genau in einem solchen gewähnt.


Immerhin bieten die vielen Seen regelmässige Abkühlungsmöglichkeiten, und nach der Rückkehr gab‘s gleich noch einmal ein kühles (naja, relativ kühl mit deutlich über 20 Grad) Bad. Aber danach musste ich für längere Zeit an den Schatten flüchten, bevor es heute Abend wieder in Richtung Sonnenuntergang und Elchtour geht (die letzte war ziemlich erfolgreich mit 5 Elchen, inklusive einem kleinen Kalb, aber wer weiss, vielleicht sehen wir heute wieder welche? Und ganz gerne erspähen würde ich natürlich auch einmal einen Troll, die verstecken sich bisher ganz gut).